ZDF Johannes B. Kerner versucht ein leises Comeback

Düsseldorf · Mit großem Tamtam wechselte Johannes B. Kerner (50) vor fünf Jahren vom ZDF zu Sat.1, um 2013 reumütig zurückzukehren. Nun soll er mit einer neuen Show die Lücke füllen, die "Wetten, dass..?" hinterlässt. Angezählt wirkt er trotzdem noch.

 Johannes B. Kerner ging vom ZDF zu Sat1 - und dann wieder zurück.

Johannes B. Kerner ging vom ZDF zu Sat1 - und dann wieder zurück.

Foto: dpa, cas kde

Die Vorwürfe vieler Kritiker, das Konzept von "Wetten, dass..?" sei altbacken und verschrecke die jungen Zuschauer, haben sie sich beim ZDF offenbar sehr zu Herzen genommen. Nach vermutlich monatelangen Ideen-Wettbewerben und zermürbenden Konferenzen hat der Sender nun ein Show-Konzept präsentiert, das unter anderem die frei gewordenen Sendeplätze am Samstagabend füllen soll, die "Wetten, dass..? hinterlässt: Brettspiele!

In der Sendung "Das Spiel beginnt!" treten Prominente in klassischen Spielen gegen Kinder an, oder, wie es ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler in einem Interview ausdrückt: "In opulenten Inszenierungen und modernen Looks präsentiert Johannes B. Kerner die beliebten Klassiker und neuen Trends in einem großen Spielabend. In spannenden, lustigen und überraschenden Runden kämpfen prominente Kandidaten gegen die Experten des Fachs: Kinder."

Der Untertitel "Die große Show von 3-99" soll keinen Zweifel daran lassen, dass der öffentlich-rechtliche Sender nun wirklich alle Zuschauerschichten ansprechen will, und als Moderator darf ein alter Bekannter ran. Johannes B. Kerner, der vor wenigen Tagen seinen 50. Geburtstag feierte, dürfte sich damit endgültig wieder als ZDF-Mann etabliert haben, nachdem er vor einem Jahr reumütig von seinem gründlich misslungenen Intermezzo bei Sat.1 zu den Mainzern zurückgekehrt war. Ein fulminantes Comeback sieht dennoch anders aus.

"Sat.1 bietet erstklassige Perspektiven"

Rückblick: Im April 2009 verkündete das ZDF, dass sein Haus- und Hof-Moderator Johannes B. Kerner den Sender verlassen werde. Das war damals ein mittleres medienpolitisches Erdbeben, denn Kerner hatte beim ZDF wirklich alles moderiert: eine werktägliche Talkshow, eine Kochshow, Fußball, Olympia, Jahres-Rückblicke, Spenden-Galas. Das ZDF hielt ihn sogar für so unverzichtbar, dass es ihn 2008 extra von den Olympischen Spielen in Peking nach Nürnberg einfliegen ließ, um ein Freundschaftsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Belgien zu kommentieren.

Offenbar hielt sich Kerner dann auch für so unverzichtbar, dass er bei den Vertragsverhandlungen überzog und schließlich trotzig verkündete, zu seinem alten Arbeitgeber Sat.1 zurückzukehren. "Sat.1 bietet erstklassige Perspektiven in der Kombination von Information, Show und Sport", trompetete er damals. Wenige Monate später dürfte er das bereits anders gesehen haben. Seine Show "Kerner", ein unausgegorener Mischmasch aus Talk, Service-Reportagen und Studio-Aktionen, hatte von Beginn an schlechte Quoten und erholte sich auch nach einem Wechsel des Sendetermins nur unwesentlich.

Nach zwei Jahren war Schluss, und zur Saison 2012/2013 musste Kerner auch noch die Moderation der Champions-League-Spiele einstellen, weil sich ein anderer Sender die Rechte gesichert hatte, nämlich das ZDF. Kerner kommentierte sein Scheitern erst mit Durchhalteparolen, dann mit sanfter Sender-Schelte ("Ich war mit der Show inhaltlich nicht mehr zufrieden"), um dann 2013 reumütig wieder beim ZDF anzuklopfen.

"Wetten dass..?: Kaum jemand wird die Sendung wirklich vermissen
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Pressestimmen zum Ende von "Wetten, dass..?"

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Er ist kein Star-Moderator mehr

Zu seinem Glück hatte sich dort gerade Jörg Pilawa wieder in Richtung ARD verabschiedet, so dass beim ZDF ein Platz für schwiegermuttertaugliche Alles-Wegmoderierer frei geworden war. So ganz hatte man Kerner dessen unrühmlichen Abgang aber offenbar nicht verziehen, denn im Vergleich zu seinem früheren Status als Senderkönig backt er nun deutlich kleinere Brötchen. Zum Einstieg moderierte er im Herbst 2013 "Die große Zeitreise-Show", eine Promi-Quiz-Sendung, die so spannend war, wie sie klingt.

Im diesem Sommer durfte er dann wieder "Deutschlands Beste" präsentieren, eine angeblich auf repräsentativen Umfragen beruhende Ranking-Show, durch die er schon in seiner ersten Amtszeit beim ZDF geführt hatte. Wie sich herausstellte, hatten Mitarbeiter angeblich ohne jedes Wissen der Führungsetage die Liste manipuliert und etwa ZDF-Anchorman Claus Kleber vor RTL-Mann Peter Kloeppel gesetzt, weil ihnen das besser gefiel. Das Ganze flog auf, der Aufschrei war groß, und Unterhaltungschef Oliver Fuchs musste gehen.

Kerner blieb von dem Skandal weitgehend verschont, aber vielleicht ist das auch genau sein Dilemma. Er ist halt kein Star-Moderator mehr, sondern eines von vielen professionellen Grinse-Gesichtern im Fernsehen, das Halb-Prominenten Fragen stellt wie in seiner Show "Der Quiz-Champion". Seine früheren Plätze als Talker und Fußball-Moderator haben längst andere eingenommen, Markus Lanz und Oliver Welke. Er muss sich mit dem begnügen, was das ZDF ihm anbietet, und das sind eben harmlose Familien-Shows für das angestammte Ü60-Publikum. Junge Zuschauer dürften bei "Das Spiel beginnt!" nicht in Scharen vor dem Fernseher sitzen.

Die Sucht nach Rampenlicht

Er weiß das alles und versucht sein Scheitern und den erzwungenen Neuanfang in ein Schicksalsgeschenk umzudeuten. "Zwanzig Jahre ging es nur bergauf. Mit dem Senderwechsel kam 2009 eine spürbare Delle in meiner Karriere. Das war ein harter Aufprall", sagt er zu seinem Sat.1-Fiasko, um dann anzufügen, dass sein Leben als ZDF-Supermoderator auch nicht das Wahre war. "Ich habe zeitweise bis zu vier Sendungen am Tag moderiert, plus Kochsendungen, DFB-Pokalspiele, Weltmeisterschaften, die Olympischen Spiele und den Jahresrückblick — nein, danach sehne ich mich nicht zurück."

Es ist verständlich, dass er das heute sagt. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass Kerner, den beim ZDF sicher niemand gezwungen hat, all diese Shows zu moderieren, in Wahrheit genauso süchtig nach einem Dauerplatz im Rampenlicht ist wie seine Kollegen. Im selben Interview sagt er: "Die Situation, raus zu gehen, ist einfach cool. Ich höre den grundlosen Applaus nicht ungern." Nur fällt der heute ein wenig leiser aus als früher.

(gev)
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