TV-Talk "Hart aber fair" "Es ist ein Bild von Fremdheit, das Angst hervorruft"

Düsseldorf · Politiker jeder Couleur diskutierten den Wahlausgang in Mecklenburg-Vorpommern. Doch die Runde bei Frank Plasberg blieb an der alten Frage hängen: "Schaffen wir das?"

Leif-Erik Holm: AfD-Politiker und Ex-Radiomoderator
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Das ist Leif-Erik Holm - AfD-Politiker und Ex-Radiomoderator

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Darum ging's: "Fluchtpunkt Deutschland — Hat Merkel ihre Bürger überfordert?" So lautete der Titel der Sendung nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, in der die SPD stärkste Kraft und die AfD die CDU stimmenmäßig überholt hatte. "Fluch der guten Tat? Es rumort. Deutschland ist politisiert wie lange nicht mehr", sagte Moderator Frank Plasberg zu Beginn der Sendung.

Darum ging's wirklich: Merkels Flüchtlingspolitik: War es nun richtig, vor einem Jahr die Grenze für Flüchtlinge zu öffnen oder nicht? Es lag in der Natur der Sache, dass in Gestalt von Peter Altmaier und Guido Reil von der AfD dazu gegensätzliche Ansichten vertreten wurden.

  • Peter Altmaier, CDU, Bundeskanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung
  • Wolfgang Sobotka, ÖVP, österreichischer Innenminister
  • Gesine Schwan, SPD, Präsidentin der Humboldt-Viadrina-Governance-Platform
  • Herfried Münkler, Professor für Politikwissenschaften an der Humboldt-Universität
  • Guido Reil, AfD-Politiker, früher SPD-Mitglied

Der Frontverlauf: Zunächst ging es weniger um den Wahlerfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern als nur um die Frage, ob Angela Merkels Aussage "Wir schaffen das" von vor einem Jahr gerechtfertigt war oder nicht. Keiner in der Runde kam auf die Idee, dass es längst nicht mehr um die Frage des "Ob" sondern des "Wie" geht. Peter Altmaier hatte erneut einen Auftritt als "Merakel", um die Botschaft der Kanzlerin an das TV-Publikum zu übertragen. Er sprach vom "humanitären Imperativ" im vergangenen September und einer Entscheidung zu helfen, weil die Hilfe notwendig gewesen sei.

Und dann gelang es dem Politikwissenschaftler Herfried Münkler, die Diskussion nach vorne zu treiben mit einem Blick auf die Fakten: Mecklenburg-Vorpommern habe 1,6 Millionen Einwohner und knapp 27.000 Flüchtlinge. Er leitete daraus ab, dass die Flüchtlingssituation dort kein vorherrschendes Problem wie in anderen Teilen Deutschlands sei. "Es ist nicht die Erfahrung, sondern ein Bild von Fremdheit, das die Menschen haben und das Angst hervorruft", sagte der Politikprofessor. Man müsse diese Lähmung in der Gesellschaft überwinden, in dem man sich überlege, wie man die Flüchtlinge gut integrieren könne. Für ihn hieße das, Arbeitsplätze zu schaffen.

Fortan wandte sich die Debatte wieder den Gefühlen der Deutschen zu, die sich angesichts eines Gefühls der Überfremdung um ihre Sicherheit sorgen. Auch da versuchte Münkler mit Zahlen die Diskussion zu versachlichen. Im vergangenen Jahr habe es bei 1,1 Millionen Flüchtlingen neun Totschlags- oder Morddelikte von Flüchtlingen als Täter gegeben, was viel weniger sei als der "deutsche" Durchschnitt. Gebremst wurde Münkler vom österreichischen Innenminister Sobotka, der sagte: "Angst und Sorge können Sie nicht mit Zahlen bekämpfen."

Schließlich ging es wieder um die Frage, welche Fehler Angela Merkel im vergangenen Herbst gemacht hat. Münkler sagte, Merkel hätte ihre Strategie offensiver kommunizieren müssen. Moderator Plasberg fragte nach: "Konnte oder wollte sie nicht?" Darauf Münkler: "Ich glaube, es passt nicht in ihre Art, Politik zu machen." Das konnte der Merkel-Fürsprecher Altmaier nicht stehen lassen: Sie habe sich den Bürgern stets gestellt.

Spruch des Abends: "Wenn man sagt, wir schaffen das nicht, ist im Hinblick auf die Lösung des Problems gar nichts gewonnen. Dann macht sich nur Resignation breit." (Herfried Münkler)

(heif)
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