Hannover Kulturstreit ums Sorgerecht

Hannover · In "Das deutsche Kind" soll eine Sechsjährige nach dem Tod der Mutter in eine muslimische Familie.

Ein Lkw überrollt eine alleinerziehende Mutter - und löst damit einen aberwitzigen Streit um das Sorgerecht und die Erziehung einer Sechsjährigen aus. Mit dieser Szene beginnt der Film "Das deutsche Kind".

Nach dem Tod von Natalie Unger (Petra Schmidt-Schaller) wird die kleine Pia zum Spielball der Angehörigen - und der Kulturen. Denn statt bei ihren Großeltern soll die Tochter (Malina Harbort) nach Natalies Wunsch in ihrem Testament bei der besten Freundin der Mutter aufwachsen. Und damit in einer muslimischen Familie. Die Pflege-Eltern Sehra (Neshe Demir) und Cem Balta (Murathan Muslu), ein angehender Imam, machen sich die Entscheidung nicht einfach.

Sie haben eine eigene Tochter, Hanna (Sue Moosbauer), und nehmen Pia zusätzlich auf. Dadurch handeln sie sich heftige Kritik in der Familie und auch den Unmut von Hanna ein. Die Herausforderungen, mit denen sich die Eltern konfrontiert sehen, als sie das Mädchen zu sich nehmen, erweisen sich als deutlich größer als erwartet.

Pias Großeltern gehen von Anfang an auf Distanz zu der muslimischen Familie. Jedes zweite Wochenende dürfen Christine Unger (Katrin Sass) und ihr Mann Theodor (Lutz Blochberger) auf ihr Enkelkind aufpassen. Oma und Opa, die voller Argwohn sind und keinen Konflikt scheuen, machen dem Mädchen großzügige Geschenke und lassen sie taufen - auch, um sie von der anderen Religion abzugrenzen. Früh gibt es Konflikte im Verhältnis der Großeltern zur erziehungsberechtigten Familie. Oft scheint es den Streitenden mehr um Glaube, Heimat und Religion zu gehen als um das Kind.

"Ich weiß nur eines, dass Sie uns das Enkelkind wegnehmen", zürnt Großmutter Christine gegen Sehra und Cem. Mehr noch als um das Sorgerecht geht es in dem Drama des österreichischen Regisseurs Umut Dag aber um die aktuelle Frage, ob und wie der Islam zu Deutschland gehört. Der Film handelt von Integration und davon, ob hierzulande dafür bereits genug gesorgt wird. Auch deshalb wird "Das deutsche Kind" möglicherweise polarisieren.

"Das deutsche Kind", ARD, 20.15 Uhr

(dpa)
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