"Let's Dance" Der Konfirmand im Häcksler

Düsseldorf · Ermüdungserscheinungen? Nö! Kurz vor den letzten Wiegeschritten ins Finale dreht "Let's Dance" tatsächlich noch einmal den Unterhaltsamkeits-Regler auf – und liefert eine der besten Ausgaben der Formatgeschichte ab.

"Let's Dance": Mit Wiegeschritten ins Finale
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Mit Wiegeschritten ins Finale

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Foto: RTL / Stefan Gregorowius

Ermüdungserscheinungen? Nö! Kurz vor den letzten Wiegeschritten ins Finale dreht "Let's Dance" tatsächlich noch einmal den Unterhaltsamkeits-Regler auf — und liefert eine der besten Ausgaben der Formatgeschichte ab.

Wer — ähnlich wie manchen Leute ja schon beim kleinsten Blutstropfen blümerant wird — keine Tränen sehen kann, hatte gestern Abend schlechte Karten. Geweint wurde viel und von fast allen Beteiligten, denn unter dem Motto "Magic Moments" erzählten die noch verbliebenen sechs Paare zu Freestyle-Schritten sehr persönliche Geschichten: von persönlichen Kämpfen — wie Angelina Kirschs Schmerz, als bei ihren ersten Karriereschritten selbst ihre beste Freundin zu ihr sagte, sie habe noch nie ein "fettes Supermodel" gesehen — bis zu harten Familienzeiten wie Gil Ofarims schwerstemotionalen Erzählungen über seinen schwer kranken Vater Abi, der vor seiner Musiker-Laufbahn früher selbst fast einmal Tänzer geworden wäre.

Bei so viel unmittelbar transportierter Gemütsschwere tat es gut, dass es dazwischen auch extrem heitere Momente wie etwa Faisal Kawusis bombastische Bollywood-Einlage gab. Oder wohlig berührende wie Heinrich Popows Aufritt, der seinen Goldmedaillengewinn bei den Londoner Paralympics vertanzte.

Durch die ganze Sendung hinweg rätselhafter Quell des Amüsements: Jorge Gonzales' Styling, das Elemente des Karl Lagerfeldschen Weißzopfs, einen Hauch Sumoringer-Ästhetik und die Klamotte eines versehentlich in den Häcksler geratenen Konfirmanden zu einem selbst für die hochtourigen Verhältnisse des modewilden Jurors wahnwitzigen Outfit vereinte.

Neben den Freestyles traten die Paare auch in direkten Vergleichs-Battles an. Auch wenn dabei Gil Ofarim mit Partnerin Ekaterina Leonova und die bizarr professionelle Vanessa Mai mit Meisterschleifer Christian Polanc auf derart hohem Niveau um die Flamenco-Krone rangelten, wie man es bei "Let's Dance" vermutlich noch nie gesehen hat, gehörte der schönste, mitreißendste Tanz des Abends doch den beiden Superbuddys Faisal und Heinrich, die um die Wette Streetstyle tanzten — und dabei mit Breakdance-Moves und Giganto-Körperwellen jeder auf seine Art die Hütte abfackelten.

Im extremen Gegensatz zu dieser toll angesehenen, ungekünstelten Freude standen dann leider die Sylvie-Meis-Betonmoderationen. Man hatte es dieses Mal besonders übel mit ihr gemeint und ihr ausgerechnet in dieser Showausgabe, durch die so viele unfrisierten Emotionen wallten, extrem starre Aufsagesätze aufgeschrieben. So sollten die Kandidaten unmittelbar nach ihrem Tanz und noch reichlich aufgewühlt, alberne Sätzchen vervollständigen, um die Zuschauer zum Telefon-Voting zu überreden.

Man mochte den heißherzigen Gil gleich noch ein bisschen lieber, als er einfach ablehnte, sich eine gestelzte Fortsetzung für den Satz "Wenn Sie für mich anrufen, zeige ich nächste Woche Herrn Llambi, dass…" zu überlegen und statt dessen lieber frei heraus von seinem Spaß am Tanzen sprach. Selten wirkte Show-Inszenierung so uninszeniert wie in dieser Staffel von "Let's Dance", das ist ein seltenes TV-Gut, das man nicht auf Krampf mit gescripteter Plapperei übertünchen sollte.

Obwohl man für die letzten Sendungen bis zum Finale am liebsten auf kein Paar verzichten würde, traf es am Ende natürlich dann doch Giovanni Zarrella, dessen Hommage an sein Über-Idol Michael Jackson vor lauter Ehrfurcht leider ein bisschen blässlich blieb. Ganz im Gegensatz zu Daniel Hartwichs Show-Styling, das am Ende dieser an Höhepunkten wirklich nicht armen Show doch noch eine ehrenhafte Erwähnung verdient: Diese goldenen Schuhe waren wirklich so etwas wie kawusi-gewordene Fußbekleidung.

(rütz)
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