Jens Spahn bei "Maischberger" "Meine Eltern erwarten nicht, dass ich sie pflege"

Düsseldorf · Viele Menschen stehen irgendwann vor der Entscheidung, ob sie ihre Eltern zuhause pflegen oder ob diese in ein Pflegeheim ziehen. In Sandra Maischbergers Talkshow hat Gesundheitsminister Spahn eine ehrliche Antwort gegeben: Er würde seinen Job nicht aufgeben, um seine Eltern zu pflegen. Sie würden es aber auch nicht erwarten.

Sandra Maischberger zur Pflege: Das waren ihre Gäste am 18. April 2018
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Die Runde bei Sandra Maischberger am 18. April 2018

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Darum ging's

Moderatorin Sandra Maischberger diskutierte am Mittwochabend über die Situation in der Pflege. Ihre Ausgangsfrage war: "Wie lösen wir den Pflegenotstand?" Dafür hatte sie sich nicht nur den neuen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in die Sendung geholt, sondern auch Menschen, die in der Pflege arbeiten oder Angehörige gepflegt haben. Von ihnen wollte Maischberger wissen, wie sich die Lage in den Altenheimen verbessern lässt und was für Menschen getan werden sollte, die sich zuhause um jemanden kümmern.

Darum ging's wirklich

Der Zuschauer erlebte eine sachliche Diskussion. Die Gäste waren sich in vielen Punkten einig: Es gibt eine Personalnot in der Pflege, die Anzahl der Stellen muss deshalb erhöht werden. Der Beruf muss aber auch attraktiver werden, damit sich mehr Menschen dazu entscheiden, in einem Seniorenheim oder in einem ambulanten Pflegedienst zu arbeiten. Strittig war, ob die Politik genug dafür unternimmt. Spahn konterte mit all seiner Routine.

  • Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, CDU
  • Schlagersängerin Cindy Berger von "Cindy & Bert" - sie pflegte ihre Mutter
  • Sandro Plett, der seit Jahren als Altenpfleger arbeitet
  • Susanne Hallermann vom Verein "Wir pflegen"
  • Armin Rieger, ehemaliger Heimbetreiber und Pflegekritiker
  • Thomas Greiner, Präsident vom Arbeitgeberverband Pflege

Der Frontverlauf

Gleich zu Beginn dämpfte Jens Spahn die Erwartungen an ihn - den neuen Gesundheitsminister. Bis zur nächsten Bundestagswahl werde er aus den Pflegeheimen in Deutschland "kein Paradies" machen können. Aber wenn die Pflegekräfte nach der Legislaturperiode sagen werden, dass ihr Arbeitsalltag besser geworden sei, "dann wäre ich zufrieden". Daran werde auch schon gearbeitet, versicherte Spahn. Das machte der CDU-Politiker an zwei Beispielen deutlich: dem Personalschlüssel in den Pflegeheimen und dem Pflege-Tüv. Weite Teile der Sendung drehten sich um diese beiden Punkte

Altenpfleger Sandro Plett machte den Anfang. Er kritisierte die Personalsituation in den Heimen. Eine Pflegekraft müsse sich um zu viele Patienten kümmern. Thomas Greiner schob die Verantwortung dafür auf die Politik und den Föderalismus in Deutschland. Bayern verlange einen Personalschlüssel von 42 Vollzeitpflegekräften pro 100 Patienten, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege In Mecklenburg-Vorpommern liege dieser Schlüssel dagegen bei 32 zu 100.

Spahn stimmte zu: "Der Personalschlüssel ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich." Der Gesundheitsminister kündigte aber an, dass es künftig Empfehlungen geben werde, die bundesweit als Maßstab gelten sollen. "Das ist gerade in Arbeit." Allerdings blieben die Bundesländer für die Umsetzung verantwortlich. Jedoch hofft Spahn offenbar auf den öffentlichen Druck: Sollte der Personalschlüssel in einem Bundesland von den bundesweiten Empfehlungen abweichen, werde das die Landesregierung gegenüber der Bevölkerung rechtfertigen müssen, sagte der CDU-Politiker. An welchen Personalschlüssel er dabei denke, sagte er nicht.

"Das hatte ich meiner Oma versprochen"

Ein zweiter Punkt, bei dem sich alle weitgehend einig waren: der Pflege-Tüv. In Deutschland erhielten die Pflegeheime im Durchschnitt eine Note von 1,2, sagte Maischberger und fragte Armin Rieger, wie aussagekräftig diese Note sei. Der Ausgburger leitete selbst jahrelang ein Seniorenheim: Er nannte den Pflege-Tüv einen Betrug. In seinem Haus sei zum Beispiel die Qualität des Essens nicht kontrolliert worden, sondern nur, ob der Speiseplan in ausreichend großer Schrift ausgedruckt gewesen sei. Spahn stimmte auch dieses Mal zu. Der Pflege-Tüv müsse überarbeitet werden, allerdings müsse er seinen Koalitionspartner, die SPD, davon noch überzeugen.

Solange gab Arbeitgebervertreter Greiner den Tipp: Wer ein Pflegeheim für sich oder einen Angehörigen suche, der solle sich das Haus selbst anschauen. "Gehen Sie spätabends hin." Man könne auch auf die Bewertung eines Heims schauen - aber nicht auf die Gesamtnote, in die auch die Bewertung des Essens einfließe. "Schauen Sie auf die Pflegenote." Er kenne Häuser mit Problemen. Sie hätten vielleicht eine gute Gesamtnote, aber keine gute Pflegenote bekommen.

Schließlich wurde es persönlich: Maischberger sprach mit Spahn darüber, ob er seine Eltern zuhause pflegen und dafür auch seinen Beruf aufgeben würde. Er könne sich das nicht vorstellen, sagte der Gesundheitsminister. "Meine Eltern erwarten das aber auch nicht von mir, dass ich meinen Beruf aufgebe, um sie zu pflegen." Er habe darüber mit ihnen schon vor einigen Jahren gesprochen. Aber er würde versuchen, so oft wie möglich "zuhause zu sein und mitzuhelfen".

Es sei eine große Belastung, "aber auch eine tolle Zeit", berichtete Susanne Hallermann, die ihren Job aufgab, um ihre Großmutter zuhause zu pflegen. "Das hatte ich meiner Oma versprochen." Schlagersängerin Cindy Berger, die ihre Mutter fünf Jahre pflegte, berichtete Ähnliches. "Für mich war es eine schöne Zeit. Ich hatte das Gefühl, dass ich alles gemacht habe." Sie schränkte aber ein, dass sie ihre Arbeitszeit durch ihren Beruf habe frei einteilen können. "Das kann nicht jeder." Es sei auch nicht jeder dazu bereit. Die, die es könnten, sollten es versuchen. Von ihren Kindern erwarte sie es aber nicht. "Ich möchte niemandem zur Last fallen."

(wer)
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