Talk bei Maischberger Beatrix von Storch verteidigt die Pöbler von Dresden

Berlin · Nach dem gescheiterten Referendum in Ungarn beschäftigte sich Sandra Maischberger mit der Frage, ob dies den Niedergang der Populisten in Europa bedeutet. Eine klare Antwort konnten die Gäste nicht geben. Der ein oder andere entlarvte sich dabei selbst.

Die Sendung bei Sandra Maischberger vom 5.10.2016
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Die Sendung bei Sandra Maischberger vom 5.10.2016

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Darum ging's: "Pleite für die Populisten — Sieg für Merkels Europa?" lautete der Titel der Talksendung von Sandra Maischberger am Mittwochabend in der ARD. Hintergrund war zum einen das am Sonntag gescheiterte Referendum der ungarischen Regierung zu einer Quotenregelung bei der Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU, zum anderen wurden die Zwischenfälle bei der Feier zur Deutschen Einheit am Montag diskutiert, bei der Demonstranten Kanzlerin Angela Merkel aufs Übelste beschimpft haben.

Darum ging's wirklich: Den Populismus entlarven, auf deutscher und europäischer Ebene: Das war das Ziel des Podiums um Moderatorin Sandra Maischberger. Die Zielscheiben: die Alternative für Deutschland (AfD) in Person der Europaabgeordneten und Stellvertretenden Vorsitzenden Beatrix von Storch und die ungarische Regierung in Person des Diplomaten Gergely Pröhle. Beiden gelang es aber selbst ganz gut, sich und ihre Argumente ad absurdum zu führen.

  • Lea Rosh, Journalistin
  • Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag
  • Beatrix von Storch, Europaabgeordnete und Stellvertretende Parteivorsitzende der Alternative für Deutschland
  • Jean Asselborn, Außenminister von Luxemburg
  • Gergely Pröhle, ungarischer Diplomat

Der Frontverlauf:

Die Geschehnisse vom 3. Oktober in Dresden bei den Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit standen zu Beginn des Abends auf der Agenda. Dabei wollte Sandra Maischberger zunächst von Beatrix von Storch wissen, ob sie Ausdrücke wie "Lügenpack", aber auch weitaus persönlichere Angriffe auf die Kanzlerin für gerechtfertigt hält. Man würde darauf von den meisten Menschen ein "Nein" als Antwort erwarten, von Storch signalisierte allerdings Verständnis mit die Demonstranten: "Ich kann verstehen, dass sich nicht jeder so ausdrücken kann wie etwa der Bundestagspräsident, aber das ist Volkes Stimme", sagte sie. Das seien keine schönen Worte, aber man müsse sie zur Kenntnis nehmen.

Heftige Kritik erhielt sie daraufhin von Anton Hofreiter und Lea Rosh. In Dresden habe der Pöbel gesprochen, sagte Letztere, den Menschen sei es in Deutschland noch nie so gut gegangen wie derzeit. Von Storchs Partei, die AfD, schaffe es dagegen immer wieder, dass die Menschen trotzdem auf sie reinfielen, weil sie Menschen ohne Perspektiven Versprechungen mache. "Das ist demokratiefeindlich und gegen unseren Staat. Das ist Volksverhetzung, was Sie machen", schloss Rosh.

Hofreiter warf der Partei dagegen Tricksereien vor. "Die AfD behauptet immer, dass diejenigen, die besonders laut sind, das Volk wären. Dabei waren das in Dresden lediglich 500 Menschen, die laut waren. Es ist eine Unverschämtheit, zu behaupten, dass das die Mehrheit wäre, im Grunde beleidigen Sie damit sogar die Mehrheit in Deutschland", sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag.

Anschließend widmete sich das Podium dem gescheiterten Referendum in Ungarn und der Frage nach der richtigen europäischen Flüchtlingspolitik. Beatrix von Storch betonte dabei mehrfach, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe die Flüchtlinge mit der Öffnung der Grenzen nach Deutschland eingeladen — und das, obwohl Moderatorin Maischberger jüngst veröffentlichte Zahlen zitierte, wonach 2015 lediglich 890.000 Flüchtlinge in Deutschland registriert worden sind, nachdem man nach Merkels Grenzöffnung mit 1,1 Millionen gerechnet hatte. Lea Rosh verteidigte dagegen die Kanzlerin: Sie habe eine humanitäre Katastrophe verhindert.

Der ungarische Diplomat Gergely Pröhle verteidigte derweil das Vorgehen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und seiner Regierung bei dem Referendum, bei dem die Bürger des Landes dazu aufgerufen worden waren, abzustimmen, ob die EU ohne Ungarn über einen Verteilschlüssel für Flüchtlinge entscheiden darf. Lediglich 40 Prozent der Ungarn beteiligten sich an dieser Abstimmung — das Referendum scheiterte. Pröhle kritisierte zudem Merkels Politik der offenen Grenzen: Wenn die Schengen-Regeln nicht eingehalten würden, verstieße das gegen EU-Recht.

Luxemburgs Außenminister Asselborn warf den Ungarn daraufhin mangelnde Solidarität vor: "Wir können das Flüchtlingsproblem nur lösen, wenn wir europäisch denken — und zwar bei den Grenzen und der Verteilung. Wenn Ungarn ein Referendum durchführt, schert es aus dieser europäischen Solidarität aus", sagte er und ging noch weiter: Ein Land wie Ungarn würde unter diesen Voraussetzungen heutzutage nicht mehr in die Europäische Union aufgenommen werden.

Schließlich ging es noch um das System EU: Während Jean Asselborn den Europäischen Rat als zu sehr von nationaler Souveränität bestimmt kritisierte, forderte Beatrix von Storch genau das Gegenteil: Sie will die Europäische Union wieder mehr den nationalen Interessen unterordnen.

Der schönste Satz: "Ich hoffe, dass Sie nur ein ephemeres Dasein in der Politik haben. Hinter ihrer Loge stehen nur Hass und Neid." — Jean Asselborn zu Beatrix von Storch und ihrer AfD.

Der treffendste Satz: "Die AfD antwortet nie auf Fragen." — Lea Rosh, nachdem Sandra Maischberger Beatrix von Storch dreimal ein und dieselbe Frage gestellt hatte, ohne eine Antwort darauf zu bekommen.

Zahl des Abends: 500. Es war nämlich die 500. Sendung von Sandra Maischberger.

(lai)
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