TV-Talk mit Maischberger "Trump-Wähler sind die gleichen wie AfD-Wähler"

Düsseldorf · Sandra Maischberger moderierte nach dem überraschenden Ausgang der US-Präsidentschaftswahl zum Thema "Der Trump-Schock: Wie verändert er die Welt?". Autor Eric T. Hansen mahnte, EU-Politiker sollten ihre Arroganz ablegen.

Die Gäste:

  • Thomas Roth (Ehem. "Tagesthemen"-Moderator)
  • Oskar Lafontaine, Die Linke (Ehem. Parteivorsitzender)
  • Alice Schwarzer (Publizistin und Feministin)
  • Nadja Atwal (PR-Expertin und Trump-Unterstützerin)
  • Julian Reichelt (Bild.de-Chefredakteur)
  • Eric T. Hansen (amerikanischer Autor)

Warum konnte Trump gewinnen?

Als es Hillary Clinton in der Wahlnacht nicht gelang, den Staat Florida für sich zu entscheiden, hatte Thomas Roth geahnt, dass es für sie als neue US-Präsidentin nicht reichen wird. Nach Ansicht von Roth haben die amerikanischen Medien Trump zu viel Sendezeit zugestanden. Das sah die Trump-Unterstützerin des Abends ganz anders: "Es war eine Trump-Faszination — klare Worte und klare Fakten", nannte Nadja Atwal als Gründe für seinen Sieg. Er allein habe sich getraut, das politische und mediale Establishment zu kritisieren.

Wer sind seine Wähler?

Eric T. Hansen ging als erster Gast auf die Wählerschaft ein: "Die AfD-Wähler sind die gleichen, wie die Trump Wähler", sagte er und kritisierte: "Sie werden sofort als verrückte, schlechte Menschen eingestuft, das ist gefährlich." Nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa gebe es eben eine breite Schicht der Gesellschaft, die sich von der Politik nicht vertreten fühlt. "Ich finde es bedrückend, dass ein Mann, der Entertainer ist und Hass gesät hat, tatsächlich Präsident wird", sagte Alice Schwarzer. Sie sehe eine große Nervosität und Aggression unter "weißen Männern", die sich abgehängt fühlten und von mächtigen Frauen bedroht. Auf diese These versteifte sie sich. Journalist Julian Reichelt gab Barack Obama die "Schuld" an Trumps Erfolg. Das Land sei selten so gespalten gewesen, wie derzeit. "Obama hat mit seiner professoralen Art viele Menschen entfremdet", sagte Reichelt.

Wie sehen die Amerikaner Trump?

Reichelt analysierte weiter: "Die Familie Clinton steht in Amerika seit Jahren für Korruption." Schon das habe Trump von Beginn an eine Chance gegeben. Thomas Roth stimmte dem zu. Trump habe den Amerikanern einfache Lösungen in einfacher Sprache geboten: Mit diesen Mitteln des Populismus habe er die politische Kultur im Wahlkampf ruiniert. "Doch genau davon lebt rationale Politik", so Roth.

Welche Chance haben Populisten in Europa?

Die Eurokrise und die Flüchtlingsdebatte haben auch in Europa einige Populisten auf den Plan gerufen. Oscar Lafontaine glaubte, dass gerade die Arbeiterschaft nach Politikern sucht, die ihre Interessen vertreten. Und diese alternativen Angeboten fänden sie in Parolen von radikalen Politikern wie Geert Wilders, Marine le Pen, Victor Orban oder in der AfD.

Wo liegt der Ursprung dieser Entwicklung?

Die US-Wahl sei das Resultat einer Entwicklung der vergangenen Jahre, erklärte Eric T. Hansen: "Der Anti-Globalisierung folgten Anti-EU- und Anti-TTIP-Bewegungen." Zusammengefasst nannte er das "Anti Internationalismus". Er glaubte, dass der politische Bürger heute — links und rechts — den Territorialstaat bevorzuge. Alice Schwarzer empfand das als zu knapp erklärt. Vor allem der politisierte Islam sei von etablierten Parteien zu lange ignoriert worden, sagte Schwarzer. "Wir dürfen solche Themen nicht den Rechtspopulisten überlassen." Sandra Maischberger aber ging darauf nicht ein, sondern bügelte ihr Argument damit ab, dass der politisierte Islam erst Thema in Maischbergers kommender Sendung sei.

Wie sieht Putin den Trump-Sieg?

"Trump ist brilliant", hat Wladimir Putin über Donald Trump gesagt. "Machen zwei Polit-Machos bald Weltpolitik?", wollte Maischberger wissen. Für Putin sei die Wahl das ideale Drehbuch: "Die Destruktion der politischen Kultur, die Degeneration des Westens ist in Putins Interesse", sagte Thomas Roth. Das Vakuum in der Gesellschaft habe es auch in der Ukraine gegeben und zur Annektion der Krim geführt. "Ich halte Putin für deutlich geschickter als Trump. Er wird am Ende lernen, dass Russland eigene Interessen realisiert, egal, wie der US-Präsident heißt", so Roth. Oscar Lafonatine sah das ähnlich. Zwei Oligarchen-Systeme sehe er. Und er glaube nicht, dass eine politische Freundschaft entstehen kann.

Welche Beziehung erwartet Merkel und Trump?

"Trumps Jargon wird die Kanzlerin nicht ansprechen", sagte Roth. Er sei der Anti-Typ zu ihrer Art, Politik zu machen. "Angela Merkel ist lösungsorientiert, Trump ist laut und äußerst unangenehm." Für Merkel werde es eng zwischen Putin und Trump, folgerte Maischberger. In der Geschichte ist das aber kein Novum: Helmut Schmidt und Jimmy Carter kamen schwerlich miteinander aus. Zwischen George W. Bush und Gerhard Schröder herrschte wegen des Irakkrieges Eiszeit. "Abwarten", so das Fazit der Runde.

Wie gefährlich ist Trump?

Was, wenn Trump die verbindenden Ideen wie NATO und Osterweiterung über Bord wirft?, fragte Maischberger. Eric T. Hansen antwortete: "Amerika sieht im Syrienkonflikt weder Schande noch Vor- oder Nachteile." Das wahre Problem Russlands sei einzig die EU, als eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt. Gelinge es Putin, die Unterstützung Amerikas zu erhalten und es von der EU zu entfremden, dann habe nicht Amerika den Schaden, sondern die Europäische Union.

Was ist von Trumps Amtszeit zu erwarten?

Erneut war es Thomas Roth, der Antworten gab: "In vielen Konflikten dieser Welt braucht es eine konstruktivere Haltung." Man müsse Interessen abgleichen und Lösungen finden. Hansen mahnte die europäischen Politiker: "Die Staatenführer müssen schnell von ihrem hohen Ross herunterkommen und Trump sagen, lass' uns ein Bier trinken." Dass Steinmeier Trump als Hassprediger bezeichnet hat, sei kein cleverer Zug gewesen. Lafontaine glaubt nicht, dass es zu einem Auseinanderleben kommen wird. "Die ökonomischen und sozialen Interessen sind zu verwoben", sagte er. Die Frage für ihn: "Wie kann man die soziale Kluft in der Gesellschaft überwinden?" Und Roth befürchtet: "Jeder wird großen Schaden nehmen, wenn sich das transatlantische Verständnis verändert."

Zitate des Abends:

"Trump-Wähler sind die gleichen, wie AfD-Wähler", sagte Eric T. Hansen.

"Nationalismus bedeutet am Ende Krieg", sagte Thomas Roth.

"Selten war das Land so gespalten, wie nach acht Jahren mit Obama", sagte Julian Reichel.

"Sexismus ist immer ein Schwesterchen von Radikalismus", sagte Alice Schwarzer.

"Ich bin sehr glücklich", sagte Nadja Atwal.

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(ball)
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