Jürgen Von Der Lippe "Man traut den TV-Machern nichts zu"

Der Entertainer ist seit 35 Jahren im Fernsehen fest verwurzelt. Die Entwicklung der Show betrachtet er kritisch.

Berlin (dpa) Jürgen von der Lippe (67), über Jahre eines der Aushängeschilder der ARD, spricht über seine neue Show und den möglichen Untergang des Unterhaltungsfernsehens. Der Showmaster startet heute auf Sat.1 (20.15 Uhr) mit der vierteiligen Reihe "Tiere wie wir".

Worum geht es in der Sendung?

Jürgen Von der Lippe Es kommen Tiere ins Studio, zu denen Fragen gestellt werden, dann sind Tiergeräusche zu erraten oder ob es sich bei einer Abbildung um ein real existierendes Tier oder um ein Photoshop-Produkt handelt. An meiner Seite im Studio sitzt mit Dr. Wolf ein renommierter Tierarzt, der die biologischen Hintergründe liefert. Wir bieten eine Mischung aus seriöser Information und ein bisschen "Genial daneben". In den Teams sitzen zwei Personen, die mitraten: Zu gewinnen gibt es nichts. Es geht darum, einer Bestrafung zu entgehen.

Sie sind kein Newcomer mehr, um den man sich reißt . . .

Von DER Lippe Ich bekomme zurzeit sehr viele Angebote, ich sage das meiste ab, weil es mich nicht interessiert, aber bei Tieren wächst mein Interesse. Meine Frau hat eine Katze und einen Hund. Ich hatte früher einen Kanarienvogel, aber als ich in das Künstlerleben eintrat, bot sich die Tierhaltung nicht mehr an, obgleich ich Tiere sehr mag.

Sie kehren zu dem Sender zurück, bei dem Sie mit dem "Blind Dinner" vor 14 Jahren einen Flop hinlegten.

Von Der Lippe "Blind Dinner" war meine einzige richtige Bauchlandung im TV - da konnte bloß der Sender Sat.1 nichts dafür, es war mein Fehler. Die Show "Ich liebe Deutschland" hätte ich 2011 dagegen gerne weitergemacht. Wir hatten nur Pech mit den Terminen, weil wir oft gegen große Sportereignisse ansenden mussten. Die Reihe "Extreme Activity" wurde in zu dichten Abständen ausgestrahlt, so dass die Zuschauer die Lust verloren.

Sie sagten, dass Sie den Abgang von Stefan Raab bedauern und dass Sie glauben, Raab und Günther Jauch wollten sich vielleicht nicht mehr "von Nicht-Frontschweinen" anpinkeln lassen. Wen meinen Sie damit?

Von der Lippe Dem Einzelnen wird nichts mehr zugetraut. Alles muss im Teamwork entstehen, zu viele Leute sitzen zusammen und beratschlagen über eine Sendung. Untersuchungen belegen, das dies ineffektiv ist. Auch ein Rembrandt hat seine Schüler nicht gefragt, welches Rot er für einen Mantel verwenden soll. Heute will kein Produzent oder kein Sender die Verantwortung für die noch so kleinste Fehlentscheidung auf sich nehmen. Die Autoren werden mit fünf, sechs Buchfassungen beauftragt und in den Wahnsinn getrieben. Ganz abgesehen von der Papierverschwendung.

Ihr Ruf nach kreativen Köpfen?

Von der Lippe Man sollte jemandem, dem man etwas zutraut, auch etwas machen lassen. Junge Leute kriegen heute völlig wahllos Sendungen angeboten, ohne Rücksicht darauf, ob es den Protagonisten weiterbringt. Ich sehe nirgendwo jemanden, der mit einem eigenen Konzept kommt.

Stirbt die Fernsehshow einen langsamen Tod?

Von der Lippe Die TV-Show wird es auch künftig geben. Nicht jede Erfindung ist der Tod einer anderen. Früher haben viele befürchtet, dass der Buchdruck die mündliche Überlieferung verdrängt, dass das Kino das Ende des Theaters ist oder die CD die Vinyl-Schallplatte abschafft. Heute existieren wieder viele Geschäfte mit Platten in der Auslage.

Würden Sie es mit Ihrem Hit "Geld oder Liebe" als junger Mensch heute nach oben bringen?

Von der Lippe Ich würde es wohl gar nicht schaffen bis zum Unterhaltungschef. Damals habe ich beim WDR-Unterhaltungschef Hannes Hoff gesessen und gesagt, ich werde mit "Donnerlippchen" aufhören. Dann antwortete er mir nur: "Lass Dir etwas Neues einfallen!" So ein Satz wäre heute gar nicht mehr denkbar, weil den Protagonisten nichts mehr zugetraut wird.

(RP)
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