"Wetten, dass..?" - der TV-Dino wird eingestellt Markus Lanz: "Die Zeit ist zu kalt für solch eine Show"

Düsseldorf · Er hatte den schwersten Job im deutschen Fernsehen: Anderthalb Jahre hat Markus Lanz "Wetten, dass..?" moderiert und die Show nicht vor dem Quoten-Sinkflug bewahren können. Jetzt gab er den Kampf auf. Schweren Herzens offenbar, denn seiner Meinung nach sei die Show etwas, "was das deutsche Fernsehen eigentlich dringend braucht. Aber offenbar passt es im Moment wahrscheinlich nicht mehr so richtig in die Zeit." Diese sei doch ein bisschen kalt geworden.

 Markus Lanz hat lange gekämpft und am Ende doch verloren.

Markus Lanz hat lange gekämpft und am Ende doch verloren.

Foto: dpa, sab kde

Er bedauerte in einem nach der Show veröffentlichten Interview mit der vom ZDF beauftragten Agentur all4radio, dass "Wetten, dass..?" mit der Entwicklung der TV-Landschaft nicht mehr habe Schritt halten können. Lanz bezeichnete die Show als "feine Familienunterhaltung" ohne "Zynismus" und "Sarkasmus".

Gekämpft hat er, das müssen auch seine Kritiker zugeben. Dass er dabei nicht immer eine glückliche Figur gemacht hat, weiß er inzwischen selbst. Nun hat Markus Lanz (45) am Samstagabend das Ende des ZDF-Dauerbrenners "Wetten, dass..?" vor laufender Kamera ankündigen müssen.

Anderthalb Jahre zeigte die Quotenkurve nur nach unten. Kurioserweise stieg der Zuspruch am Samstag, als Lanz zum Showende in knappen Worten das Aus bekanntgab, auf fast sieben Millionen Zuschauer.

Doch der Druck auf den Moderator, der als Nachfolger von Thomas Gottschalk sein Amt im Oktober 2012 angetreten hatte, hatte sich unaufhaltsam in den vergangenen Monaten verstärkt. Zum einen rieb sich die Öffentlichkeit an seiner Spät-Talkshow im ZDF und seinem zuweilen als ruppig empfundenen Interview-Gebaren. So wurde zum Beispiel Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht Opfer seiner Gesprächsführung, bei der Lanz seinen Gast dauernd unterbrach.

Aber auch sein neuer Stil bei "Wetten, dass..?" kam nicht an. Präsentierte sich Gottschalk jahrelang noch als eleganter, weltgewandter Grandseigneur des Showgewerbes, versuchte sich der wuselige Lanz selbst mit allen Mitteln in die Show einzubringen, beteiligte sich mit vollem Körpereinsatz an Spielen und erzeugte damit Chaos.

Seine ausländischen Gäste mokierten sich über die altbackene Art der Sendung, zum Beispiel Tom Hanks, und Klamauk-Profi Stefan Raab durfte unbehelligt seine neueste Erfindung, einen Duschkopf, der die Haare trocken lässt, präsentieren.

Zähne ausgebissen

Markus Lanz, der einen gemeinsamen Sohn mit RTL-Frau Birgit Schrowange hat und seit 2011 mit seiner neuen Partnerin Angela Gessmann verheiratet ist, ist bereits als Jugendlicher in seiner Heimat auf die Gipfel gestürmt, fürs ZDF hat er Grönland und das ewige Eis in der Arktis besucht - keine Herausforderung war ihm zu heikel.

Doch an "Wetten, dass..?" biss er sich die Zähne aus und resignierte. Zweifelnde Töne kamen in einzelnen Interviews mit Zeitschriften durch, die Lanz in den vergangenen Monaten immer mal wieder als Plattform für seine öffentlichen Gedankenspiele nutzte.

"Ich werde mich nie an dieses Gefühl gewöhnen, ausgestellt zu sein wie im Schaufenster", sagte der smarte Medienmann, der seine Karriere bei Radio Hamburg startete und lange bei RTL "Explosiv" moderierte, im Winter zum Beispiel in einem Gespräch mit der Illustrierten "Emotion". "Wenn ich im Sommer auf einer Wiese sitze, denke ich, ich kann das alles beherrschen. Doch das ist eine Illusion. Öffentlichkeit kommt mit einer ungeheuren Wucht daher."

Dieselbe Wucht hat ihn, den das ZDF einst als Gipfelstürmer einkaufte, bei der sicheren Eroberung des deutschen Fernseh-Olymps, nämlich "Wetten, dass..?", gebremst. Für Lanz selbst dürfte die Rückzugsentscheidung, die er und das ZDF nach der Mitteilung vom Samstag gemeinsam trafen, ein Befreiungsschlag sein.

Hintertüchen bleibt geöffnet

"Wetten, dass..?"-Erfinder Frank Elstner traf die Nachricht vom Aus der Show überraschend. "Wie der Zuschauer" habe er zum Ende der Sendung davon am Samstag erfahren, er sei dann aber ganz korrekt von der ZDF-Programmdirektion im Anschluss weiter informiert worden, sagte der 71-Jährige dem Radiosender SWR3. Er mache sich aber Gedanken, dass eine Sendung, die gerade 23,1 Prozent Marktanteil erzielt habe, eingestellt werde.

Ein Türchen ließ ZDF-Unterhaltungschef Himmler noch offen. Die Rechte an der Marke will der Sender behalten und gegebenenfalls auch wieder aktivieren, sagte er. "Das Konzept, das Frank Elstner Anfang der 80er Jahre für das ZDF erfunden hat, bleibt einzigartig", so Himmler. "Deshalb schließe ich nicht aus, dass es irgendwann noch einmal auflebt." Die Hauptredaktion Show arbeite jetzt an neuen Ideen für den Samstagabend.

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Markus Lanz im Porträt: Gekämpft, aber doch verloren

(dpa)
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