TV-Nachlese "Maybrit Illner" CDU-Politiker trifft seine Friseurin in der Talkshow

Düsseldorf · Bürgerdialog und TV-Duell in einem: Bei Maybrit Illner wurden Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und CDU-Politiker Jens Spahn mit echten Menschen und deren Problemen konfrontiert.

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Foto: dpa, wok mhe soe

Darum ging's: Bis zum TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz muss sich der deutsche Fernsehzuschauer noch eine Weile gedulden. Bei Maybrit Illner kreuzten in einer Spezialsendung stellvertretend für die Kanzlerin und ihren Herausforderer dieses Mal SPD-Politikerin Andrea Nahles und CDU-Politiker Jens Spahn die verbalen Klingen. Thema der Sendung: die soziale Gerechtigkeit.

Darum ging's wirklich: Das von Moderatorin Maybrit Illner ausgegebene Ziel der Sendung war es, den "Arbeitsmarkt des Jahres 2017 etwas persönlicher" zu machen. Für die Probleme der deutschen Arbeitnehmer zeigten sowohl Nahles, als auch Spahn viel Verständnis. Die Antworten, die die beiden Politiker für die an sie herangetragenen Fragen hatten, fielen aber unterschiedlich aus.

Die Gäste:

  • Andrea Nahles (SPD), Bundesarbeitsministerin
  • Jens Spahn (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium

Der Frontverlauf: Nahles und Spahn diskutierten nicht nur miteinander, sondern auch mit acht Arbeitnehmern. Den Anfang machten Ralf von Paradzinsky und Maik Sosnowsky, die beide mit dem Thema Leiharbeit zu kämpfen hatten. Paradzinsky, 58, seit kurzem arbeitslos, fürchtete, in seinem Alter keine Festanstellung mehr zu bekommen. Eine Stelle, so der Elektriker, sei wie ein "Lottogewinn". Bei einer Leiharbeitsfirma könne er zwar anheuern, dann bekomme er aber weniger Lohn und habe kaum Hoffnung, einen Fuß in den regulären Arbeitsmarkt zu bekommen.

Sosnowsky arbeitet für eine Leiharbeitsfirma und muss zeitweise sein Gehalt aufstocken, weil er nicht genügend verdient. "Jeder Monat macht Angst", so Sosnowsky. "Man rechnet in Wochenenden, weil man den Wocheneinkauf organisieren muss." Mit Leiharbeit würden Unternehmen trotz gesetzlicher Änderungen auf Kosten der Arbeitnehmer weiter tricksen.

Trotz der beiden Beispiele betonte Spahn, Leiharbeit sei eine Möglichkeit, in unbefristete Arbeit zu kommen. Deshalb wolle er "grundsätzlich eine Lanze brechen für Instrumente wie die Leiharbeit", so Spahn.

Nahles bemerkte, dies sei nicht das letzte Mal, dass über Leiharbeit geredet werde, und stellte weitere gesetzliche Änderungen in Aussicht. "Der Sparzwang wurde allein auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen", so Nahles. Dies müsse nun geändert werden, auch weil die Arbeitsmarktlage dies zuließe.

Jens Spahns Friseurin

Mit dem nächsten Gast, Christel Wellmann kam das Thema Mindestlohn auf den Tisch. Trotz Vollzeitstelle als Putzfrau kommt Wellmann nur auf 1000 Euro netto pro Monat. Warum sie es trotzdem arbeiten gehe, wollte Illner wissen. "Ganz einfach, weil ich meinen Beruf liebe", konterte Wellmann. Dass in ihrer Branche der Mindestlohn zu oft nicht gezahlt werde und befristete Stellen an der Tagesordnung sind, ärgerte Wellmann.

Das Unterlaufen des Mindestlohns sei rechtswidrig, befand Nahles. "Das ist eine Sache für den Zoll", so die Arbeitsministerin. Auch Spahn sagte: "Das eine ist Flexibilität. Aber es gibt Standards, die muss jeder zahlen". Kritisieren wollte Spahn den Mindestlohn nicht.

Der Auftritt des nächsten Gastes brachte vor allem Heiterkeit — denn die Friseurin Lily Sandberg hatte offenbar unwissentlich auch schon Spahn die Haare geschnitten. "Deshalb kommen Sie mir auch so bekannt vor", so Sandberg, die Spahn zuerst nicht erkannt hatte.

Bei Mathias Becker, Elektroniker bei BASF, konnte dann vor allem Spahn punkten. Der Angestellte könnte bald den Spitzensteuersatz zahlen und beklagte "da läuft steuertechnisch etwas falsch". Spahn versicherte, Steuersenkungen seien bei der CDU gerade für jemanden wie Becker geplant. Bei Steuersenkungen gehe es "um Leute wie Sie, die den Laden am Laufen halten", man müsse den Spielraum nutzen, den man habe. Nahles tat sich etwas schwerer aber hatte "prinzipiell gar nichts dagegen". Auch die SPD werde da etwas im Angebot haben, versprach sie.

Ärger mit den Jobcentern

Die beiden nächsten Gäste schilderten ihre schlechten Erfahrungen mit dem Jobcenter und Hartz IV. Thomas Heimerl fühlte sich nach seinem Jobverlust "alleine gelassen" und beklagte "exorbitanten Druck", der auf Arbeitslosen laste. Auch der 23-jährige Dennis von der Becke, der mit Hartz IV aufgewachsen ist, bemängelte, dass die "Beratung des Jobcenters" gefehlt habe. Nahles nahm ihre Mitarbeiter in den Jobcentern in Schutz. "Die Leute machen einen schwierigen Job." Richtig sei aber, dass man keinen künstlichen Druck auf Arbeitslose ausüben dürfe.

Als letzte Bürgerin konfrontierte Christine Finke, freiberufliche Autorin und alleinerziehende Mutter, die beiden Politiker. Einem ihrer Vorschläge, wie man es Alleinerziehenden künftig leichter machen könnte, fand bei beiden Anklang: Sozialstunden für diejenigen Elternteile, die keinen Unterhalt zahlen wollen.

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