Einheits-Talk von Maybrit Illner Schäuble: "Bei uns zu Hause bin ich ja ein verkappter Ossi"

Düsseldorf · 25 Jahre Deutsche Einheit – ein Jubiläum, das wieder einmal die Frage aufkommen lässt: Sind wir ein Volk? Maybrit Illner zieht mit ihren Gästen zu recht früher Stunde Bilanz, gemeinsam mit dem Heute-Show-Mann Lutz van der Horst. Klar, dass Klischees dabei nicht fehlen dürfen. Der Talk im Check.

 Wolfgang Schäuble im Interview mit Maybrit Illner.

Wolfgang Schäuble im Interview mit Maybrit Illner.

Foto: Screenshot ZDF

25 Jahre Deutsche Einheit — ein Jubiläum, das wieder einmal die Frage aufkommen lässt: Sind wir ein Volk? Maybrit Illner zieht mit ihren Gästen zu recht früher Stunde Bilanz, gemeinsam mit dem Heute-Show-Mann Lutz van der Horst. Klar, dass Klischees dabei nicht fehlen dürfen. Der Talk im Check.

Darum ging's

Illner und van der Horst wollten ergründen, was für "ein Volk" die Deutschen inzwischen sind — tolerant, weltoffen, stolz, unsicher oder gar besserwisserisch. Es sollte eine Mischung aus Analyse und Bestandsaufnahme der deutschen Wirklichkeit im Jubiläumsjahr werden - plus einer Portion Humor.

Darum ging's wirklich

Neben dem Erlebten der Gäste, die mitunter aus den neuen Bundesländern stammen, wurden natürlich Klischees erörtert und letzlich auch bedient. Und am Ende drehte sich doch irgendwie viel um die aktuelle Flüchtlingskrise. Ein Spagat, der dem eigentlichen Thema alles andere als gerecht wurde und wodurch oftmals nur an der Oberfläche gekratzt wurde — im lockeren Plauderton.

Die Runde

In der Sendung, die schon um 20.15 Uhr begann, saßen die Schauspieler Jan Josef Liefers und Katrin Sass, Komiker Michael Mittermeier, Historiker Heinrich August Winkler, die Journalisten Özlem Topcu und Hans-Ulrich Jörges und schließlich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der den Einheitsvertrag mit ausgehandelt hat.

Bizarrester Dialog

Das separate Interview mit Wolfgang Schäuble, der zwar kurz über die politischen Entscheidungen damals sprach, aber nur an der Oberfläche kratzte anstatt wirkliche Einblicke hinter die Kulissen zu geben. Und dann auch noch das:

Illner befragt Schäuble, ob es denn etwas typisch Ostdeutsches am Führungsstil von Bundeskanzlerin Angela Merkel gebe.

Schäuble: "Nein, sie ist offensichtlich eine Frau, aber das ist nicht spezifisch ostdeutsch." Aber sie unterscheide sich sicherlich ziemlich von jedem ihrer Vorgänger "Sie hat einen ganz anderen Stil, und vielleicht ist der unserer Zeit viel angemessener."

Schließlich will Illner im separaten Interview mit dem Minister noch wissen, ob denn so ein Kraftakt wie damals heute bei den Flüchtlingen auch gelingen würde.

Schäuble: "Das kann man gar nicht vergleichen."

Satz des Abends

"Bei uns zu Hause bin ich ja ein verkappter Ossi."

Das sagt Wolfgang Schäuble in Bezug darauf, wie er seinen badischen Landsleuten immer versucht hat zu erklären, warum die Einheit wichtig sei, wenn diese denn skeptisch waren.

Bemerkenswerter Gast

Jan Josef Liefers, der aus dem Osten stammt und in der Wendezeit auch politisch aktiv war, bei Demonstrationen unter anderem als Redner auftrat. Er berichtete von seinen Erlebnissen und Erfahrungen (nach eigener Aussage wird er oft für einen Westdeutschen gehalten), sagt, dass Ost und West bei den Jüngeren gar keine Rolle mehr spielten. Und er ist es, der die Stimmung in der Bevölkerung der DDR kurz vor der Wende zu erläutern versucht. Liefers sagt, die DDR habe am Ende nur aus Worthülsen bestanden, die für das Leben der Menschen gar keine Rolle spielten. Der Abschied von der DDR sei schon längst vollzogen worden. Aber während sich die Menschen dort schon immer für den Westen — und sei es die aktuelle Musik — interessiert hätten, hat sich im Westen "eigentlich bis heute keiner dafür interessiert, wie es im Osten war". Und dieses Desinteresse, das merkt man, wurmt ihn.

Erkenntnis

Wie wollen wir Deutschland sehen, wer wollen wir sein? — darum ging es in der Sendung letzlich wesentlich mehr als darum, ob wir denn nun wirklich ein Volk sind. Das zeigte sich daran, dass die aktuelle Flüchtlingsfrage immer wieder in die Sendung einfloss. Aber das ist eben ein anderer Ansatz. Und ob der lockere Plauderton der Sendung wirklich dazu verhalf, sinnbringender zu werden, mag bezweifelt werden. Denn letztlich wurde zu viel angesprochen und zu wenig vertieft.

(das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort