Michael Kessler Der Spiegel der Promis

Der Schauspieler wurde nicht für das berühmt, was er ist, sondern für das, was andere sind. Der 48-Jährige ist ein Meister der Verwandlung - mit Hang zum Perfektionismus, was er in der zweiten Staffel von "Kessler ist . . ." erneut unter Beweis stellt.

 Wer ist hier Michael Kessler und wer Horst Lichter?

Wer ist hier Michael Kessler und wer Horst Lichter?

Foto: Mike Christian

Wie hätten Sie reagiert, wenn ich als Michael Kessler verkleidet zum Interview erschienen wäre?

Michael Kessler (lacht) Ich hätte mich gefreut und wäre sehr gespannt gewesen, wie Sie das machen.

Ihnen wird nachgesagt, das Interview neu erfunden zu haben...

Kessler Tatsächlich?

Ja, schließlich sitzen Sie bei "Kessler ist . . ." Prominenten als ihr Ebenbild gegenüber und versuchen, sich mit Fragen an die Privatperson heranzutasten, über die Sie zuvor recherchierten. Dabei nehmen Sie auch optisch die Gestalt des Prominenten an.

Kessler Stimmt. Und so was habe ich im Fernsehen noch nie gesehen. Deswegen war ich auch sofort begeistert, als man mir dieses Format zeigte. Es ist keine Plattform, auf der die Künstler ihre neue CD vorstellen können. Es geht einzig und allein um den Menschen.

Was haben Prominente für ein Interesse daran, dass sie sozusagen demaskiert werden?

Kessler Sie werden nicht demaskiert, ich schlüpfe in ihre Maske. Trotzdem lassen sich nur wenige auf dieses Experiment ein. Der Prominente kann aber die Grenze selber setzen. Es ist nicht so, dass ich in seiner Vergangenheit wühle, um ihn vorzuführen. Es geht auch nicht darum, Geheimnisse zu entlarven. Ich gehe mit dem Prominenten dorthin, wo er mich mit ihm hingehen lässt. Ich denke nicht, dass man davor Angst haben muss.

Nach welchen Kriterien werden die Kandidaten ausgesucht?

Kessler Es müssen Menschen sein, die eine Geschichte haben, die vielleicht auch polarisieren. Niemanden, den ich nachspiele, kenne ich gut, bin also nicht mit ihm oder ihr befreundet - von daher starte ich sozusagen fast immer bei null und begebe mich auf eine neue Reise.

Bei "Kessler ist . . ." sind Sie ungewohnt ernst. Wie schwierig ist es, nicht mehr lustig sein zu müssen?

Kessler Das fällt mir überhaupt nicht schwer. Privat bin ich niemand, der permanent einen Witz nach dem anderen reißt. Ich bin auch gerne mal ernst.

Dennoch ist das Imitieren von Promis wie Günther Jauch oder Florian Silbereisen eine Ihrer Paradedisziplinen. Hat Ihnen das blanke Parodieren, wie Sie es in "Switch" gemacht haben, nicht mehr ausgereicht?

Kessler Nein, das kann ich so nicht sagen. Ich bin ein Mensch, der Abwechslung mag. Mir wäre langweilig, wenn ich immer nur eine Sache machte. Das Parodieren macht mir sehr viel Spaß und "Switch" ist ein tolles Format. Aber jetzt kam "Kessler ist . . ." auf mich zu und das passt sehr gut zu mir, weil es die Gesprächsebene mit dem Nachspielen eines Prominenten verbindet. Das ist eine Herausforderung, die mich sehr reizt.

Sie beginnen stets mit der Frage: "Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?" Was sieht Michael Kessler, wenn er in den Spiegel schaut?

Kessler (lacht) Ich sehe einen ehrlichen und aufrichtigen Menschen, der manchmal ganz lustig ist.

Macht Sie Ihr Perfektionismus nicht manchmal wahnsinnig?

Kessler Doch, das macht er. Ich leide da nicht wahnsinnig drunter, aber es ist schon Fluch und Segen zugleich. Perfektionismus führt dazu, dass man einen hohen Anspruch an sich selbst und an andere Menschen hat, den man unbedingt erfüllt sehen möchte. Diesbezüglich bin ich aber wohl ein wenig milder geworden. Mein Perfektionismus war vor zehn Jahren schlimmer.

Können Sie Ihre Rollen nach Feierabend an der Garderobe abgeben?

Kessler Natürlich programmiere ich mich tagelang auf eine bestimmte Person und versuche auch, ihren Sprachduktus anzunehmen. Aber durch viele Jahre "Switch" kann ich mich auch von einer Rolle distanzieren, sobald die Maske weg ist.

An welcher Parodie eines Prominenten sind Sie gescheitert?

Kessler Ich habe mal versucht, Guido Cantz und Oliver Pocher zu parodieren - absolut misslungen (lacht).

Apropos misslungen: Mit wie viel Sorge blicken Sie auf die Entwicklung der Fernsehlandschaft?

Kessler Viele Zuschauer sind anspruchsvoller geworden. Gerade junge Menschen verabschieden sich allmählich vom Medium TV. Das liegt auch daran, dass viele Fehler begangen wurden. Oft ist mangelnde Qualität das Problem. Der Zuschauer wird nach wie vor unterschätzt.

Schauen Sie mit Schadenfreude auf qualitativ nicht so hochwertige Formate, die im Endeffekt scheitern?

Kessler Ja, ich habe kein Mitleid mit schlechtem Fernsehen.

SIMON JANSSEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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