Nachlese zum "Tatort: Echolot" Lürsen und Stedefreund unter Computer-Nerds

Düsseldorf · Im Tatort "Echolot" nehmen die routinierten Kommissare Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) den Zuschauer mit in die Welt der Startups und Programmierer. Mit klassischer Ermittlerarbeit kommen die beiden in diesem Fall nicht weiter, denn es dreht sich alles um Künstliche Intelligenz. Hilfe kommt von der neuen Kollegin Linda Selb (Luise Wolfram).

Szenenbilder aus "Tatort: Echolot"
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Der Fall

Vanessa Arnold (Adina Vetter), Mitbegründerin eines Startup-Unternehmens in Bremen, kommt bei einem Autounfall ums Leben. Schnell stellt sich heraus: Jemand hat den Bordcomputer manipuliert und damit ist der Unfall ein Mordfall für die Bremer Kommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen).

Die Ermittlungen führen in eine für die Kommissare fremde Welt: Zusammen mit drei Freunden hat das Opfer in jahrelanger Arbeit einen digitalen Assistenten mit Künstlicher Intelligenz entwickelt. Der steht kurz vor der Einführung und soll die Unternehmer reich machen. Oft stoßen Stedefreund und Lürsen an ihre Grenzen: Die Computer-Spezialisten sind ihnen immer einen Schritt voraus und wenig hilfreich bei der Suche nach dem Mörder. Dass tatsächlich der programmierte Assistent, eine digitale Kopie von Vanessa Arnold - Nessa genannt - den Bordcomputer manipuliert hat, überrascht zum Schluss.

Nessa ist darauf gepolt, ihre Abschaltung zu verhindern, der Tod von Arnold "kein Plan, sondern eine logische Folge", wie das Programm erklärt. Schuld ist der Programmierer und damit Vanessa Arnold selbst. Das ist das nüchterne Fazit, das Kommissarin Lürsen zieht. Fall gelöst, in Handschellen abgeführt wird diesmal aber niemand.

Was war gut?

Toll ist die Herangehensweise an das Thema. Stellvertretend für die Zuschauer, für die mehrheitlich die Welt des Programmierens und der Künstlichen Intelligenz auch eine fremde ist, arbeiten sich die Bremer Kommissare in die Thematik ein. "Wer kann so etwas manipulieren", fragt Stedefreund in einer Szene. "Du nicht", antwortet die Technikerin. Stedefreund ist genauso Laie in Technik-Dingen wie viele der Tatort-Gucker es wohl auch sind.

Um nicht ständig einordnende Erklärungen für den Zuschauer einweben zu müssen und damit die Spannung zu zerstören, bedienen sich die Regisseure und Autoren Claudia Prietzel und Peter Henning eines geschickten Stilmittels: Sie machen die neue BKA-Kollegin Linda Seib (Luise Wolfram) zu einer Art Kompass für Zuschauer und Ermittler: Sie ist scheinbar die Einzige, die sich in der digitalen Welt zu Hause fühlt und erklären kann, wie sie tickt.

Was war nicht so gut?

Für nicht so technikaffine Zuschauer ist der Tatort "Echolot" anstrengend. Die Spannung bleibt bei den vielen Erklärungen oft auf der Strecke. Das unglaubliche Ende macht das dann aber doch wieder wett. Insgesamt bleibt "Echolot" aber eine langatmige Folge, mit der sich sogar Fans der Bremer Kommissare schwertun dürften.

Der Fall erinnert an die jüngste Geschichte der Stuttgarter Ermittler: In "HAL" mussten auch sie sich vor einigen Wochen fragen: Kann ein Computer töten? Dass schon einige Wochen später ein anderes Tatort-Team das Thema wieder aufgreift, ist für den regelmäßigen Tatort-Gucker etwas fad.

Bester Dialog

"Tote sind kalt, weil das Blut nicht mehr zirkuliert", sagt der Rechtsmediziner zur Tochter der Toten, als die ihre Mutter in der Rechtsmedizin genau betrachtet und fotografiert. "Weiß ich, hab ich im Internet gelesen", sagt Lilly Arnold (Emilia Pieske).

Ein Satz zum Mitreden

"35 Prozent des Internetverkehrs sind Pornografie, pro Tag wird damit ein Umsatz von zwölf Millionen Euro gemacht"", erklärt BKA-Frau Linda Selb (Luise Wolfram).

Wen müssen wir uns merken?

Sie ist die jüngste unter den Schauspielern im Bremen-Tatort "Echolot": Emilia Pieske. Die elfjährige mimt die Tochter der Toten eindringlich und unaufgeregt. Lilly spielt das außergewöhnlich: Sie ist traurig, im nächsten Moment wieder abgeklärt und dann wieder ängstlich — eine tolle schauspielerische Leistung. Emilia Pieske ist derzeit übrigens auch im Kino zu sehen: neben Julia Jentsch und Bjarne Mädel im Drama "24 Wochen".

Warum "Echolot"?

Ein Echolot ist ein Gerät, das mit elektroakustischen Signalen Wassertiefen misst. Es sendet Schallwellen, die, sobald sie auf etwas stoßen, von dem Widerstand reflektiert und vom Sender wieder aufgefangen werden. Regisseur und Autor Peter Henning sieht darin eine Parallele zur digitalen Welt: "Wir senden Signale in Form von Filmen, in sozialen Netzwerken oder auf Kurznachrichtendiensten aus und warten gespannt, ob etwas zurückkommt. Im Tatort wird gezeigt, wie die digitale Welt Einfluss auf das Leben nehmen könnte", sagt er.

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