Doppelfolge des "Polizeiruf 110" Drexler — der erste schwule Ermittler im Sonntagabend-Krimi

Rostock · In "Wendemanöver" des "Polizeiruf 110" outet sich Kommissar Jochen Drexler als homosexuell und verbringt sogar eine Liebesnacht mit einem ehemaligen Kollegen. Schauspieler Sylvester Groth ist allerdings froh, dass er nach der Doppelfolge aussteigt.

 Kommissar Jochen Drexler outet sich im aktuellen Fall.

Kommissar Jochen Drexler outet sich im aktuellen Fall.

Foto: NDR/Christine Schroeder

Ist der Doppel-"Polizeiruf" eine Premiere?

Ja, zum ersten Mal gönnt sich die Krimireihe einen länderübergreifenden Fall: In Magdeburg ermitteln Jochen Drexler (Sylvester Groth) und Doreen Brasch (Claudia Michelsen) wegen eines folgenschweren Brandanschlags auf die Firma des Waffenhändlers Herbert Richter (Jörg Gudzuhn), bei dem die Frau des Firmenerbens ums Leben kommt.

Während sie versuchen, den letzten Menschen aufzutun, mit dem die Frau am Telefon gesprochen hat, haben es die Kollegen Alexander Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) in Rostock mit einem Mord zu tun: Im "Hotel Nerius" in Warnemünde wurde ein Wirtschaftsprüfer mit vier Schüssen getötet. Der Mann ist der Geliebte des Brandopfers in Magdeburg gewesen, und so finden die beiden Teams in der Mitte der ersten Folge zueinander. Beim "Tatort" gab es solch eine Doppel-Ermittlung schon häufiger: 2002 und 2012 zum Beispiel mit den Teams aus Leipzig und Köln.

Die überraschendste Szene

Schauspieler Sylvester Groth, der als Kommissar Drexler aussteigt, hat sich für diese besondere Szene seinen Filmpartner gewünscht: Cornelius Obonya spielt den ehemaligen Polizisten Ferdinand Frey, mit dem Drexler eine alte Freundschaft verbindet und mit dem er eine Liebesnacht verbringt. "Die Figur ist jetzt geprägt durch diese schwule Geschichte", sagt Groth, "und ich bin ganz froh, dass es vorbei ist."

Sonst wäre in jeder Folge neu gefragt worden: Kommt da noch was? Drexlers Liebesgeschichte habe Schaulust und Sensationsgier geweckt — "und vermutlich wären alle sauer, wenn man die nicht weiter bedienen würde", sagt Groth. Sein Ermittler Drexler ist der erste geoutete Kommissar im Sonntagabend-Krimi. Bislang gibt es nur im Kölner "Tatort" einen homosexuellen Assistenten.

Der beste Satz

"Ich heiße nicht Buko, sondern Bukoff — Alexander Buckoff wie Fuck off", herrscht Bukow (Charly Hübner) seine Psychologin an, die ihn eigentlich wieder dienstfähig schreiben soll — was sie seltsamerweise nach diesem Anpfiff nicht macht.

Lohnt sich das Einschalten nächste Woche?

Wer diese 90 Minuten trotz einiger Längen durchgehalten hat, der muss nächste Woche einschalten — nicht wegen der Lösung, die eigentlich schon auf der Hand liegt, sondern wegen der Rostocker Ermittler. Die drehen im zweiten Teil noch einmal richtig mit witzigen Dialogen und starkem Spiel auf: Bukows Vater Veit (Klaus Manchen) wird zum Beispiel einen extra-coolen Auftritt haben, und sogar Til Schweigers "Tatort"-Kommissar Tschiller kommt zu humoristischen Ehren.

Wie real sind die kriminellen Geschäfte, die den Verdächtigen vorgeworfen werden?

Am 1. Juli 1990 wurden die volkseigenen Betriebe der Treuhandanstalt unterstellt: Es waren 8.500 Gesellschaften mit vier Millionen Beschäftigten in 45.000 Betriebsstätten — den Zuschlag bekamen nicht immer die richtigen. In der Kunstwährung Transferrubel wurden Exporte zwischen Ostblockländern abgewickelt, die staatlichen Außenhandelsbanken tauschten ihn zu festgelegten Kursen in die jeweilige Landeswährung — für einen Transferrubel bekamen DDR-Betriebe bis Ende Juni 1990 exakt 4,68 DDR-Mark.

Nach der Währungsunion waren es 2,34 DM — und das obwohl der Transferrubel in Moskau für paar Groschen gehandelt wurde. Für den Betrug gab es ein Zeitfenster von etwa sechs Monaten — der Bundesrepublik entstand laut Ermittlern ein Schaden in Höhe von acht Milliarden Mark.

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