Analyse "Promi Big Brother" wird für Sat.1 Quoten-Hit

Köln · Nach einer glücklosen ersten Staffel liegt die Neuauflage in der Publikumsgunst über dem Sender-Durchschnitt. Nur warum?

Experimente zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass dabei am Ende ein überraschendes oder gar ungewöhnliches Ergebnis herauskommt. "Promi Big Brother - Das Experiment" ist allerdings weder überraschend noch ungewöhnlich, sondern nur der x-te öde und überflüssige Aufguss einer vertrauten Versuchsanordnung. "Dschungelcamp", nur ohne ironische Brechung und witzige Moderation.

Was wirklich überrascht, ist die enorme Breitenwirkung: Insgesamt 2,67 Millionen Menschen schalteten am Sonntagabend ein, darunter 2,02 Millionen 14- bis 59-Jährige und 1,44 Millionen 14- bis 49-Jährige. Das entspricht einem Marktanteil von 13,6 Prozent beim Gesamtpublikum, 16,9 Prozent im Segment der 14- bis 59-Jährigen und 17,5 Prozent in der begehrten Zielgruppe der 14-49-Jährigen. Die Sat.1-Wohngemeinschaft sogenannter Medien-Prominenz fährt damit Werte ein, die deutlich über der Durchschnittsquote des Senders liegen. Was hinsichtlich einer Neuauflage Schlimmes erwarten lässt.

Exakter aufschlüsseln lässt sich das Publikum kaum. Die Zahlen deuten jedoch darauf hin, dass vor allem jüngere Menschen zuschauen - und das Gesehene entsprechend in den sozialen Netzwerken kommentieren. Claudia Effenbergs zweifacher Abstieg vom Luxusloft ins Kellergeschoss sowie ihre Ankündigung, nach der Zeit im "Container" ihren Facebook-Zugang abzuschalten, provozierte eine Schimpfkanonade auf Twitter.

Wie es überhaupt zum Prinzip der Show zu gehören scheint, nimmt man die Zuschauer-Kommentare als Maßstab, sich über die Insassen des Zwei-Klassen-Hauses zu erheben. Noch mehr als im "Dschungelcamp" gilt bei "Promi Big Brother" das Prinzip Schadenfreude - je abgehalfterter oder unbekannter der Prominente, je schräger seine Präsentation, desto größer die Häme. Und wohl auch die Einschaltquote.

Zwei Wochen lang müssen die Bewohner in dem Haus ausharren, werden allerdings sukzessive von den Zuschauern per Telefon-Voting zwangsgeräumt. Die von 100 Kameras überwachte Immobilie teilt sich in Ober- und Untergeschoss; während die Beletage im Luxus schwelgt, müssen die Kellerkinder darben. Wer wo seinen Mitbewohnern auf die Nerven geht, entscheidet ebenfalls das Publikum - Effenberg verdankte ihren erneuten Abstieg ihren abschätzigen Bemerkungen. Wer am Ende noch ein Dach über dem Kopf hat, dem winken 100.000 Euro Siegerprämie — neben der Gage, versteht sich. Dafür müssen wahrscheinlich alle Beteiligten im normalen Leben lange arbeiten.

Wobei der ohnehin dehnbare Begriff "Prominenz" von Sat.1 noch breiter ausgelegt wird als beim Konkurrenzsender RTL. So zählt zum Hausbesetzer-Cast etwa Janina Youssefian, deren einziges Verdienst darin besteht, vor Jahren einmal eine Affäre mit Dieter Bohlen gehabt zu haben. Ela Tas beispielsweise war "Bachelor"-Kandidatin, Aaron Troschke zeichnet sich dadurch aus, einen Backshop zu besitzen und bei Günther Jauch auf originelle Weise 500.000 Euro gewonnen zu haben.

"Ich denke, das Experiment bei ,Promi Big Brother' ist, alle Promis zu erkennen, ohne wenigstens einmal zu googeln", kommentierte ein Twitter-User. Der unangefochtene Publikumsliebling des Hauses läuft ohnehin außer Konkurrenz — es ist Teddy-Hamster "Little Bro".

Hauptgewinner könnte am Ende aber Sat.1 werden. Bei der ersten "Promi Big Brother"-Staffel ging es nach einem guten Start schon ab der dritten Folge quotentechnisch bergab. Danach sieht es jetzt nicht aus. Experiment für Sat.1 geglückt.

(RP)
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