TV-Sender ProSieben Gutes Geld mit schlechtem Programm

Düsseldorf · ProSiebenSat.1-Vorstandschef Thomas Ebeling hat aus dem einstigen Sorgenkind eine Renditemaschine gemacht. Dass im Fernsehen oft nur Wiederholungen laufen, nimmt er in Kauf. Das gesparte Geld wird an anderer Stelle gebraucht.

Himmel oder Hölle: Bilder der ProSieben-Show
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"Himmel oder Hölle" – Bilder der Show

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Als Thomas Ebeling vor rund sechs Jahren den Chefposten bei ProSiebenSat.1 übernahm, lag der Konzern am Boden. Der Aktienkurs fiel wenige Tage nach seinem Dienstantritt im März 2009 erstmals auf unter einen Euro, zudem plagten den Konzern hohe Schulden. Dem neuen Mann, der vorher Zigaretten, Getränke und Pharmaprodukte verkauft hatte, blieb nichts anderes übrig, als radikal zu sparen.

Das Ergebnis dieses Kurses lässt sich nirgendwo so gut erkennen wie beim Blick in die Fernsehzeitung: Wo früher Vielfalt war, gibt es heute nur noch US-Serien in Dauerschleife. 2267 Mal wurde allein die "Big Bang Theory" innerhalb von zwölf Monaten auf ProSieben gezeigt, 1951 Mal "Two and a half men" und 1838 Mal "How I met your mother". Kein anderer Sender, hat das Medienmagazin DWDL errechnet, zeigte mehr Wiederholungen von den immergleichen Serien.

Erstaunlich daran ist: Die Radikalkur hatte kaum Auswirkungen auf die Marktanteile. ProSieben ist weiterhin beliebt und mit 30 Prozent Zuschauermarktanteil erreichte die gesamte Sendergruppe, zu der neben ProSieben und Sat.1 noch Ableger wie Kabel eins oder Sixx gehören, zuletzt sogar den höchsten Wert seit zehn Jahren.

Und so konnte Ebeling in den vergangenen Jahren in aller Ruhe einen Umbruch einleiten. Aus dem werbefinanzierten TV-Konzern wurde ein Gemischtwarenladen, der so erfolgreich ist, dass er langfristig sogar in den Deutschen Aktienindex Dax aufsteigen könnte. Der Kurs des Papiers liegt heute bei 46 Euro - und gestern konnte Ebeling für das zweite Quartal erneut große Zuwächse verkünden. Bei 773 Millionen Euro Umsatz macht ProSiebenSat.1 118 Millionen Euro Gewinn. Nur noch 64 Prozent des Umsatzes stammen aus der Fernsehwerbung.

Der Rest kommt von Online-Videodiensten wie Maxdome, eigenen Künstler- und Sportvermarktern (bei letzterem steht unter anderem Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng unter Vertrag) und vor allem dem Digitalgeschäft. Dazu zählen beispielsweise die Reiseseite weg.de und das Vergleichsportal Verivox. Zuletzt war auch immer wieder über eine Übernahme der Scout24-Gruppe (u.a. ImmobilienScout24) spekuliert worden. Doch offenbar ist der aufgerufene Preis - die Gruppe wird mit knapp 2,5 Milliarden Euro bewertet - den Münchnern zu hoch. "Es sind im Moment keine umwälzenden Zukäufe ins Auge gefasst", betonte Ebeling gestern. Für Zukäufe will das Unternehmen lediglich bis zu 500 Millionen Euro ausgeben.

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Ausgebaut werden sollen jedoch die Investitionen in Start-ups, mit denen ProSiebenSat.1 in der Vergangenheit bereits erfolgreich war. Denn unter Ebeling hat das Unternehmen einen Weg gefunden, sich günstig an aufstrebenden Firmen zu beteiligen und ihren Wert schnell zu mehren: Für meist zweistellige Millionenbeträge steigen die Münchner dabei in Start-ups ein und räumen ihnen anschließend Werbeflächen im Programm ein, um sie dem Publikum bekannt zu machen. Am erfolgreichsten war der Konzern dabei bislang mit dem Modehändler Zalando, bei dem man zunächst von Umsatzbeteiligungen und anschließend durch den Börsengang im vergangenen Jahr profitierte. Zuletzt schloss sich ProSiebenSat.1 außerdem mit Axel Springer zusammen, um digitale Start-ups zu fördern. Eine Fusion, über die es zuletzt ebenfalls Gerüchte gegeben hatte, wird es jedoch nicht geben.

Der Umbau zum Digitalkonzern geht also weiter. Das machte Thomas Ebeling bereits im vergangenen Jahr bei der Hauptversammlung klar: "Für viele Medienunternehmen in Europa sind wir Vorbild dafür, wie man vom klassischen TV-Konzern zum digitalen Player wird." Auf die Vielfalt des Fernsehprogramms kommt es dabei nicht an.

(RP)
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