ARD-Spektakel "Brot und Spiele" in Xanten Quo vadis, Opdenhövel?

Düsseldorf · Die ARD und Moderator Matthias Opdenhövel hatten am Samstagabend groß aufgetischt: Das Spektakel "Brot und Spiele" sollte Unterhaltung und Bildung kombinieren. Dazu ließen die Fernsehmacher in der Kulisse des Xantener Römerparks antik aufgemotzte Promis in Spielen mit Info-Gehalt gegeneinander antreten. Weniger wäre wohl mehr gewesen. Das große alte Rom sollte an diesem unwettergefährdeten Abend in Xanten auferstehen. Spielshow, Quiz, Bildungsfernsehen, Samstagabendunterhaltung – all das warf die ARD dem Zuschauer am Samstag vor die Fernsehsessel.

 Jens Riewa keuchte in "Brot und Spiele" als schwer bepackter Legionär.

Jens Riewa keuchte in "Brot und Spiele" als schwer bepackter Legionär.

Foto: dpa, WDR, Max Kohr

Die ARD und Moderator Matthias Opdenhövel hatten am Samstagabend groß aufgetischt: Das Spektakel "Brot und Spiele" sollte Unterhaltung und Bildung kombinieren. Dazu ließen die Fernsehmacher in der Kulisse des Xantener Römerparks antik aufgemotzte Promis in Spielen mit Info-Gehalt gegeneinander antreten. Weniger wäre wohl mehr gewesen.

Das große alte Rom sollte an diesem unwettergefährdeten Abend in Xanten auferstehen. Spielshow, Quiz, Bildungsfernsehen, Samstagabendunterhaltung — all das warf die ARD dem Zuschauer am Samstag vor die Fernsehsessel.

Gleich zu Beginn blieben keine Zweifel offen. Mit wichtigen Trompetenfanfaren unterlegt feierten die acht geladenen Promis ihren Einzug in die Arena: Schwimmerin Franziska van Almsick, Schauspielerin Christine Neubauer, Moderatorin Andrea Kaiser, Boxer Henry Maske, Tagesschausprecher Jens Riewa, der Komiker Bernhard Hoëcker, Sängerin Maite Kelly und das "wandelnde germanische Muskelgebirge" (Opdenhövel) Ralf Möller. Das Publikum applaudiert erwartungsfroh minutenlang.

Alle sind bunt verkleidet

Alle sind römisch verkleidet. Van Almsick trägt opulente Locken, Maske Armschützer aus Leder. Nur Moderator Matthias Opdenhövel ist in einem seiner normalen Glitzer-Sakkos gekommen und man ist spontan erleichtert, dass er sich nicht wieder in die Zenturio-Verkleidung geschmissen hat wie auf den Pressefotos. Seine zarte Assistentin Mareile Höppner ist hingegen in eine Art grüne Tunika gehüllt und könnte ebenfalls als antik durchgehen. Zum Gut-Aussehen, für das sie unter anderem verpflichtet worden ist, reicht das allemal

In der mit viel Tamm-Tamm angekündigten Show dreht sich alles um das alte Rom und das Leben von Bürgern und Soldaten im damaligen Imperium. Dazu bedient sich Opdenhövel dreier verschiedener Hilfsmittel: Infotainment durch nachgestellte Szenen, den Recherchen durch Römer-Reporterin Höppner und Promi-Quiz-Spielen. In zwei Gruppen treten sie dabei gegeneinander an. Die roten Bären gegen die blauen Löwen.

Riewa als keuchender Legionär

Schon direkt zu Beginn geht es gleich in die Vollen. Opdenhövel lässt gar nicht erst den Verdacht aufkommen, bei seiner neuen Show könnte es sich um eine Art Wetten, dass..??-Klon handeln. Gerade erst aus der Sänfte geklettert, durften die in zwei Gruppen aufgeteilten Promis gegeneinander antreten und auf einer überdimensionalen Karte mit einem Strick die römische Grenze, den Limes, durch das heutige Deutschland legen. So bemüht sich "Brot und Spiele", Geschichtswissen zur Primetime zu vermitteln.

Noch eindrücklicher bemüht sich die ARD mit ihren Einspielern, dem Zuschauer nahezubringen, wie es sich denn so gelebt hat, als Römer. So versucht sich etwa Jens Riewa tapfer lächelnd als römischer Legionär. 10 Kilogramm soll das Kettenhemd wiegen, das er sich überstreifen lässt. Dazu kommen Waffen, Helm, Kochgeschirr und dann geht es los auf den fiktiven 20-Kilometermarsch. Keuchend stapft Riewa mit einer Legionärstruppe durch den Wald. "Die Schritte werden bleischwer", kommentiert eine Stimme im Off. Guido Knopp lässt grüßen.

Manchmal driftet die Show in Klamauk ab

So wie Riewa durch den Wald läuft, besucht etwa Hoëcker Archäologen bei der Ausgrabung und van Almsick testet gemeinsam mit Kelly eine römische Badetherme auf ihren Wellness-Gehalt. "Baden gehörte zum, täglichen Ritual", erklärt die seidige Frauenstimme aus dem Off, während van Almsick in die Wanne steigt und Kelly sich einer Enthaarungskur unterzieht.

Es gibt Momente an diesem Fernseh-Abend, da wünscht man sich die gute alte Geschichts-Doku zurück. Gelegentlich gleitet "Brot und Spiele" gar in Klamauk ab. Zum Beispiel, als Riewa in seiner Funktion als Tagesschausprecher Nachrichten aus dem alten Rom verliest. Sogar die Erkennungsmelodie der Sendung kommt im römischen Fanfaren-Klang daher. "Willkommen zur Römischen Tagesschau", sagt Riewa und liest von Pergamentrollen ab. Gebäude eingestürzt, Luftverschmutzung in Rom, Cäsars Beschlüsse zum ausufernden Verkehr.

Maske gegen Möller im Sand der Arena

Die Spiele, die die Promis absolvieren dürfen, komplettieren den römischen Reigen, Christine Neubauer überrascht im Wagenrennen als mutige Pferde-Domina, Hoëcker erweist sich beim Feuerlöschen als kluger Team-Dirigent, Andrea Kaiser kann gut mit der Armbrust. Einmal müssen die Teams einen Rundbogen bauen. Es geht turbulent zu, als sie sich die riesigen Steine aus leichtem Material zuwerfen. Erinnerungen an Kulenkampff kommen auf.

Höhepunkt ist zweifelsfrei der Gladiatorenkampf zum Abschluss der Show. Maske gegen Möller, Boxer gegen Bodybuilder. Fünf Minuten dauert der Kampf, bei dem sich die beiden Männer schwer keuchend Schilder und Holzschwerter um die Ohren hauen, dramatisch kommentiert von Sport-Reporter Steffen Simon. Maske gewinnt mit 4:2 Treffern.

Szenenapplaus bei Otternasen

Natürlich darf aber auch bei den Spielen die Bildung nicht zu kurz kommen. Einmal sollen die acht Kandidaten die Funktion von Gegenständen erraten, die Archäologen in der Xantener Erde gefunden haben. Zu neunt stehen sie in der Arena um die Artefakte herum, wispern, rätseln und raten. Ein Vogelhaus? Ein Etikett? Eine Öllampe? Ein Küchengerät? Opdenhövel weiß die Lösung und wer richtig kombiniert, bekommt Punkte.

Ganz ähnlich funktioniert das auch beim Thema Essen, auch wenn dabei das Dschungelcamp Xanten plötzlich ganz nah kam: Die Kandidaten sollen herausfinden, welche Speisen es vor 2000 Jahren wirklich gab. Flamingo-Zungen, Drosseln leicht verdaulich, Perle in Essig, vergorene Fischsauce und, und und. Spontane Rufe aus dem Publikum gibt es zumindest, als gegrillte Otternasen erwähnt werden, auch wenn es die im alten Rom nie gegeben hat.

"Astrid,was machen Sie da?"

Heimlicher Höhepunkt der Show sind aber die Ausflüge von Mareile Höppner. Sie ist viel unterwegs an diesem Abend. In der Küche, im Keller und im Zeltlager der Legionäre etwa, wo sich versierte Hobby-Römer niedergelassen haben, die im wirklichen Leben Zahnarzt sind oder Bäcker oder Lehrer.

Dort recherchiert sie knallhart: "Warum trug die Braut orange?" "Weil die Farbe das heimische Herdfeuer symbolisieren sollte.". Höppner wiederholt die Antwort mit dem Blick in die Kamera und schlussfolgert scharfsinnig: "So war das im alten Rom." Manchmal, wenn es spannend wird, zieht sie die Luft durch die Zähne. "Chhhhhh".

Höppner besucht die Knochenwerkstatt. "Astrid,was machen Sie da?" "Ich drehe einen Spielstein." Höppner besucht einen Mann im Kettenhemd. "Zeigen Sie mal, wie wohl man sich darin fühlt!" Der arme Mann sticht daraufhin mit todernster Miene mit einem Kurzschwert auf sich ein. Manchmal ist "Brot und Spiele" mehr unfreiwillig komische Unterhaltung als erfolgreiches Bildungsfernsehen.

Manchmal passt es einfach nicht

Architektur, Esskultur, Kriegskunst, Hygiene und Körperpflege, kaum etwas lässt "Brot und Spiele" an diesem Abend aus. So radikal hat im deutschen Fernsehen wohl noch niemand VHS und Show in einen Topf geworfen. Doch funken wollte das Konzept bei allem Aufwand nicht an diesem Abend. Dazu wirkten die Computerbilder zu steril, die Promis zu deplatziert und die Einspieler zu bemüht. Nun dürfte wohl endgültig bewiesen sein: TV-Formate wie Show und Infotainment zu vermischen, macht nicht immer Sinn. Im Gegenteil: Manchmal passen sie einfach nicht zusammen.

Besser mal selbst nach Xanten fahren.

(pst)
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