Absturz eines Erfolgsformats Quoten-Desaster für DSDS

Köln · So wenige Zuschauer hatte noch kein Finale von "Deutschland sucht den Superstar": Nur 4,71 Millionen Menschen sahen den Sieg des 17-jährigen Schweizers Luca Hänni auf RTL. Auch ein vermeintlicher Internet-Skandal konnte den Marktanteil von 18,1 Prozent nicht steigern.

Luca Hänni gewinnt DSDS 2012
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Luca Hänni gewinnt DSDS 2012

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Die Goldschnipsel für den neuen DSDS-Gewinner Luca Hänni segeln noch vom Studiohimmel, da steht hinter den RTL-Kulissen bereits fest: Schlechter ging eine Staffel der Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) noch nie zu Ende. Nicht einmal fünf Millionen Menschen wollten am Samstagabend das Finale sehen, bei dem sich Schönling Hänni gegen seinen Paradiesvogel-Rivalen Daniele Negroni durchsetzte.

Es war eine maue Show, die nur zu Beginn kurz Spannung versprach. Da nämlich musste sich Moderator Marco Schreyl im Auftrag des Senders dazu äußern, dass RTL drei Tage vor dem Zweikampf auf seiner Homepage Daniele bereits zum Sieger ausgerufen hatte. Schreyl erklärte, es habe sich lediglich um eine technische Panne gehandelt. Für beide Kandidaten sei ein Internet-Auftritt vorbereitet worden, einer der beiden sei versehentlich online gegangen. Der Gewinner stehe keinesfalls fest, die Zuschauer selber würden über das Schicksal der Kandidaten entscheiden. Also: "Rufen Sie an!"

Dickes Minus

Gehört wurde diese Bitte immerhin vom Zielpublikum. Die für die von Privatsendern beliebte, weil werberelevante Zuschauer-Gruppe der 14- bis 49-Jährigen konnte der Kölner Privatsender zur Prime-Time mit immerhin 28,3 Prozent (2,68 Millionen Menschen) an sich binden. Auch das jedoch bedeutet ein dickes Minus im Vergleich zum Vorjahr. 2011 waren es beim Finale noch mehr als 35 Prozent.

Dabei galt die erfolgreichste aller deutschen Castingshows einst als Quotengarant. Gestartet war sie 2003 mit einem Finale, für das 12,8 Millionen Menschen den Fernseher einschalteten. Alexander Klaws holte damals den Titel und war, wenigstens für einige Monate, tatsächlich so etwas wie ein deutscher Superstar.

Das Format hat sich totgelaufen

Nicht nur Klaws fand seine Fans. Damals glaubten die Zuschauer noch an Dieter Bohlen als Maschine, die aus jedem Hobbysänger einen Star machen kann. Nach zehn Jahren jedoch hat sich das Format tot gelaufen. Bohlen hat seine bösesten Sprüche längst abgefeuert und entlockt den Zuschauern nur ein müdes Lächeln, wenn er die Gesangsqualitäten der Kandidaten mit Geräuschen von Fröschen, Katzen oder menschlichen Ausscheidungen vergleicht.

Seinen Jury-Kollegen Bruce Darnell hat mittlerweile wohl jeder Deutsche mindest einmal weinen sehen, und weil auch auf allen anderen Privatsendern dünne Mädchen, gestandene Männer oder ganze Hausfrauen-Gruppen beteuern, dass sie nun aber wirklich "noch mal 110 Prozent geben wollen", ist das Publikum gesättigt.

Der Gewinner hat erstmal gut zu tun

DSDS gibt ein Versprechen, an das keiner mehr glaubt. Die Gewinner werden keine Stars. Wozu sollen sich die Zuschauer den mühsamen Aufstieg der Kandidaten ansehen, wenn sich der angebliche Berg des Erfolgs am Ende immer als Maulwurfshügel entpuppt? Entsprechend konsequent schalten sie ab: 2010 verfolgten das DSDS-Finale noch gut 7,6 Millionen Menschen, 2011 waren es etwa 6,3 Millionen — und nun also 4,71 Millionen.

Luca Hänni, dem aktuellen "Superstar", kann das vorerst egal sein. Der 17-jährige Schweizer, über den Dieter Bohlen im Finale urteilte, "Wenn du auf der Titanic gesungen hättest, wären die Eisberge geschmolzen", hat in den nächsten Wochen gut zu tun. Er wird sich durch Frühstücksfernsehen-Formate und Talkshows lächeln, im Musikvideo zu seiner Single "Don't Think About Me" höchstwahrscheinlich durch irgendeine windige Dünenlandschaft laufen. Und er wird tapfer versuchen, seinem Image als "der Schweizer Justin Bieber" gerecht zu werden.

Dafür bleibt ihm nicht viel Zeit. Am kommenden Samstag startet "DSDS"-Kids für den vier- bis 14-jährigen Gesangsnachwuchs. Für 2013 hat RTL eine neue Staffel "DSDS" angekündigt.

(dpa)
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