Kritik an Show RTL schickt Jugendliche ins Erziehungscamp

Sonsbeck/Köln (RP). Gerrit aus Moers hat keine Lust sich den Anforderungen des Lebens zu stellen. "Er hat noch die gleiche Gleichgültigkeit wie vorher", erzählt Frank Liebert vom Verein sci:moers. Vor einem Jahr nahm der damals 15-Jährige an der RTL-Serie "Teenager außer Kontrolle" teil. Der Schulverweigerer wurde zu Rinderherden und einer Therapeutin in die Wüste von Utah (USA) geschickt. Strenge Regeln sollten aus dem Jungen einen besseren Menschen machen.

Teenager außer Kontrolle - Letzter Ausweg Wilder Westen
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"Es war für ihn eine Erfahrung, aber kein Erfolg", sagt Liebert, der seitdem skeptisch gegenüber der Therapie-Show ist. Denn: "Eine kaputte familiäre Beziehung wieder zu kitten, das ist nicht in zwei Monaten Wildnis leistbar." Schließlich sei die Ursache für das Verhalten der Jugendlichen in der Familie zu suchen. "Nach der Sendung war Gerrit auf sich allein gestellt. Eine Elternarbeit war zudem von RTL vorgesehen, hat es aber nicht gegeben", berichtet Liebert. Nun versucht er, dem Jungen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln.

Heute Abend starten bei RTL neue Folgen der Erziehungsshow. Für acht Familien ist diesmal das Wildnis-Therapie-Programm "Catherine Freer" im amerikanischen Oregon die angeblich letzte Hoffnung. Dort sollen sich die schwer erziehbaren Jugendlichen in freier Natur einer Verhaltenstherapie unterziehen. Immer dabei: die Kameras von RTL. In der Gruppe sind Teenager, die als Einbrecher, Schläger oder Gang-Mitglieder auffällig geworden sind. Unter ihnen: Pascal aus Sonsbeck. Der 17-Jährige konsumiert Drogen und wurde beim Dealen erwischt. Ist Pascal gereizt, schlägt er um sich. In der Wildnis soll der 17-Jährige laut RTL seine alten Verhaltensmuster ablegen.

In der ersten Phase müssen die Jugendlichen schweigend 250 Kilometer mit schwerem Gepäck durch die Wüste Oregons wandern. "Die Natur bringt sie dazu, sich mit sich selbst auseinander zu setzen", erklärt Chef-Therapeutin Annegret Noble. In der Hitze Oregons setzt die 37-Jährige den Minderjährigen klare Grenzen. Dennoch geht es nicht zu wie in einem Boot Camp, in dem militärischer Drill exerziert wird. "Die Kids sollen sich selbst kontrollieren, das ist das Ziel. In der ersten Folge beweisen alle , dass sie es nicht können", sagt Noble.

Entgegen der RTL-Programm-Information weiß die Therapeutin, dass die Jugendlichen ihre Verhaltensmuster, die sich über Jahre eingeschliffen haben, nicht sofort abgelegen können: "Zwei Monate Therapie reichen aus, um einen Anstoß in eine neue Richtung zu geben." Zudem müssten sich auch die Eltern verändern. "Nach dem Aufenthalt kehrt kein neuer Mensch zu ihnen zurück." Während der Drehzeit im Herbst wurden die Familien pädagogisch betreut, RTL hat ihnen eine Nachsorge angeboten.

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