Schäuble bei Maischberger "CDU und CSU sind kein Dreamteam"

Düsseldorf · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sitzt solo bei Maischberger. Er verteidigt Europa, die CDU und gibt sich 70 Minuten optimistisch: "Ich habe es nicht so mit Untergangsszenarien."

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Foto: dpa/Gregor Fischer

Darum ging's

Zu einer "politischen Bestandsaufnahme" hatte Sandra Maischberger Bundesfinanzminister ins Studio geladen. Zugleich wollte sie mit ihm in die Zukunft schauen und fragte: Droht in diesem Jahr eine Zeitenwende? Zerbricht 2017 die EU? Wird Trump zum weltpolitischen Risiko? Und bleibt Angela Merkel auch nach der Bundestagswahl Kanzlerin?

Darum ging's wirklich

Wolfgang Schäuble setzt vermeintlicher Weltuntergangsstimmung eine große Portion Gelassenheit entgegen. Er darf ausführlich die Politik von CDU und CSU verteidigen und streitet mit ARD-Ökonomen Frank Lehmann darum, wie mit Geld in der EU und in Deutschland ausgegeben werden soll.

Der Gast und der Experte

  • Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister, CDU
  • Frank Lehmann, ARD-Börsenexperte

CDU und CSU — Sieht so ein Dreamteam aus?

Wie nah sind sich CDU und CSU gekommen — auf Sandra Maischbergers Nachbohren, gibt Schäuble zu: Nein, ein Dreamteam schaue vielleicht anders aus, aber jetzt so zu tun, als hätte es keine Auseinandersetzungen gegeben sei auch nicht ehrlich. "Es ist halt nicht immer Friede-Freude-Eierkuchen. Aber um der Sache willen gehören wir zusammen." Als Maischberger später fragt, ob die CDU nicht eine bessere Kandidatin fürs Kanzleramt hätte als Angela Merkel, sagt der Routinier schlicht und überzeugt: "Nein."

Uli Hoeneß — Es gibt ein Recht auf ein Leben danach

Der Bundesfinanzminister hat nicht wirklich ein Problem, damit dass Steuersünder Uli Hoeneß wieder am Ball ist. "Er hat seine Strafe erkannt und verbüßt, und er hat eine schwierige Zeit hinter sich." Man müsse ja an einen Fussballverein nicht die gleichen Maßstäbe wie an eine AG anlegen, findet der CDU-Politiker. Wenn so viel Vertrauen von Club und Fans da sei, gehe Hoeneß als Präsident in Ordnung. "Es gibt ein Recht auf Leben danach."

Hält sich Trump an sportliche Regeln?

Ja, auch Schäuble ist beunruhigt, und er sieht, wie gespalten Amerika seit Langem ist. "Was in Amerika vor sich geht, macht mir große Sorgen", sagt er und rät, damit umgehen zu lernen, und zwar: "In der Sache entspannt, aber zugleich fest in der Haltung". Und wenn Amerika beschließe sich nicht an die WTO-Regeln zu halten, dann müsse man ohne Amerika zurechtkommen. "Dafür ist wichtig, dass Europa die Situation als Weckruf versteht."

Die Welt geht nicht unter

Sandra Maischberger will wissen, ob Schäuble seine zwei Enkel angesichts der Weltlage und all der Werte, die zur Disposition ständen, leidtäten. Der 75-Jährige allerdings sieht nicht ein weshalb: "In Wahrheit haben wir heute bessere Möglichkeiten denn je", sagt er. Als er Mitte 20 gewesen sei, herrschte der Kalte Krieg mit der Kuba-Krise, dem Mauerbau und der atomare Bedrohung. Seine Eltern standen 1945 vor der Katastrophe. Heute lebten junge Deutsche dagegen in einer offenen Gesellschaft mit immensen Perspektiven.

Die Welt sei trotz aller vorhandenen Krisen besser geworden. Er begreife nicht, wie man heute in Deutschland Weltuntergangsstimmung verbreiten könne.

Ist Schäuble mit 75 noch süchtig nach Politik?

"Nein, das ist keine Sucht bei mir" sagt Schäube und gesteht, schon häufig daran gedacht zu haben, er könne sich aus dem aktiven Politikerleben zurückziehen. Auch wenn das schwer falle. In der jetzigen Situation hätten ihm aber viele Freunde geraten, doch weiterzumachen.

Er könne sich doch wie Helmut Schmidt, der Zeit-Herausgeber wurde, weiter ins Geschehen einmischen, schlägt Maischberger vor. Schließlich sei er schon mit 14 Jahren Lokalberichterstatter für den "Schwarzwälder Boten" gewesen. Der Minister lehnt dankend ab, man könne sich als Journalist selbst loben, aber ihm lägen Politik und Jura näher.

Hält er am Traum von Europa fest?

"Auch wenn sich in Europa morgen die Krise verschärft, wird übermorgen ein neuer Anlauf gemacht, Europa wieder zu einigen", ist der Minister überzeugt. Europa ist in der Welt der Globalisierung mit ihren Werten und Ansprüchen an Rechtsstaatlichkeit und soziale Standards nur zu meistern, wenn wir es gemeinsam machen können." Dann räumt er ein: vielleicht seien am Ende des Jahres 2017 nicht alle 28 Länder dabei, aber die EU werde es weiterhin geben.

Er ist überzeugt, dass Marine Le Pen nicht Frankreichs nächste Präsidentin wird und betont: "Ich hab's nicht so mit den Untergangsszenarien."

"Grexit" und das Geld

Frank Lehmann, früherer ARD-Börsenexperte schaltet sich aus Köln zu und schimpft darüber, dass sich in Griechenland nichts verbessere. Er fordert einen Schuldenschnitt und klagt, wie wenig in den vergangenen acht Jahren passiert sei. Schäuble sagt, dass Griechenland sich vor allem einen höheren Lebensstandard leiste, als es erwirtschafte. Das Land müsse durch Reformen wettbewerbsfähig werden. Er rechne nicht mit einem "Grexit", hoffe stattdessen, dass bis 2018 in Griechenland mehr Wachstum erzielt werde. "Der Druck zu Reformen muss aufrechterhalten werden."

Lehmanns Vorwurf, dass 6,2 Milliarden Euro Überschüsse nicht in die Infrastruktur investiert würden, weist Schäuble zurück: Das habe mit der Realität nichts zu tun, kontert er und sagt Investitionen in die Infrastruktur seien in dieser Legislaturperiode um 35 Prozent erhöht worden. Die Länder müssen sich das Geld auch holen, dann räumt er ein, dass vieles einfach endlos dauere. "Wir sind schwerfällig in unserem Land, aber es ist falsch, die Geldpolitik des Bundes dafür verantwortlich zu machen."

Ist die AfD eigentlich gut für die Demokratie?

Maischbergers Frage macht ihn kurz sprachlos, dann verneint er. Er bedauert den Abgang der Kollegin Erika Steinbach, um die nun die AfD buhlt. "Dass sie nun in solcher Weise der CDU den größtmöglichen Schaden zufügen will, ist schade." Er ist dafür, konservative Stimmen zu integrieren. "In der Demokratie ist Wettbewerb schon in Ordnung. Aber ich hatte gehofft, dass wir mit dem Gedankengut, das sich die AfD angeignet, in Deutschland nichts mehr zu tun haben würden."

(juju)
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