Berlin Senioren-WG gewinnt im Lotto

Berlin · Ein 30-Millionen-Gewinn rüttelt das Leben von sechs Senioren gehörig durcheinander.

Jede Woche versammelt sich eine Berliner Alten-WG in einem Seniorenstift vor dem Fernseher, um gebannt die Ziehung der Lottozahlen zu verfolgen. Die sechs durchweg rüstigen Damen und Herren knacken schließlich den Jackpot mit 30 Millionen Euro - wobei angesichts dieser Nachricht erstaunlicherweise keinen der Schlag trifft. Was die sechs mit dem unverhofften Gewinn anstellen, das erzählt der Film "Die letzten Millionen".

Conrad (Michael Gwisdek) ist ein Lebemann vom alten Schlag und will seinen Anteil so richtig verjubeln - wobei ihm klar wird, dass er Tochter und Enkel sträflich vernachlässigt hat. Rosie (Ursula Karusseit, mit Pudelfrisur und Schoßhündchen) kauft ihrem labilen Sohn und dessen raffgieriger Gattin eine stattliche Villa - und wird zum Dank ins Gartenhäuschen abgeschoben. Die lebenshungrige Karin (Jutta Wachowiak) lässt ihren miesepetrigen Gatten Günter (Dieter Mann) im gelben Pullunder und einförmigen Alltag zurück, reist nach Südafrika und trifft dort auf die flotte Annegret (Judy Winter) samt jüngerem Galan. Und dann ist da noch das schwule Paar Jakob (Ulrich Pleitgen) und Otto (Joachim Bliese), das sich endlich eine Jacht zulegt - bis es feststellen muss, dass Jakob an Alzheimer leidet.

Als Erzählstimme tritt die Altenpflegerin Carmen (Anna Loos) auf, die noch idealistischen Grundsätzen nachhängt, ihren Job mit viel Herz erledigt und ihren privaten Ärger (Scheidung) nicht zu sehr an sich rankommen lassen will. Schauspielerin Anna Loos kennt solche Probleme: "Meine Mutter und meine Schwester arbeiten beide in der Altenpflege und haben gleichzeitig ihre Familien und ihre Probleme zu bewältigen. Das ist ein schwerer Beruf, den man nur ausüben sollte, wenn man ihn liebt."

Regisseur Udo Witte ("Schaumküsse") hat natürlich nicht lieblos, aber eben ein reines Märchen gedreht, denn höchstwahrscheinlich gibt es eine solch nette und adrette Alten-WG, in der Krankheiten und Tod so gut wie keine Rolle spielen, weit und breit nicht, genausowenig wie einen solchen Millionengewinn. So mancher Dialog wirkt wie aus dem Klischee-Lehrbuch für das Älterwerden ("Alt werden is' nix für Feiglinge!"), und so ist dieser stellenweise melancholische Film meilenweit von der Realität entfernt.

Was das Anschauen lohnt, ist die Spielfreude der Schauspieler. Herausgehoben seien der vielbeschäftigte Michael Gwisdek, der lakonische Sätze sagen darf ("Tot sein ist kacke"), die wunderbare Jutta Wachowiak und die famosen Darsteller Pleitgen/Bliese, die das Männerpaar anrührend-fürsorglich geben, samt (grundloser) Eifersucht nach so vielen gemeinsamen Jahren.

"Die letzten Millionen", ARD, Fr., 20,15 Uhr

(dpa)
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