TV-Talk Maybrit Illner "Ausstieg aus dem Klimaabkommen ist Kriegserklärung an den Planeten"

Düsseldorf · Kurz vor der Sendung hatte US-Präsident Trump den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet. Diesen Schritt hat Verteidigungsministerin von der Leyen als "Absage an globale Verantwortung" verurteilt. Linken-Vertreterin Kipping warf der Regierung "Klimaschutzheuchelei" vor.

Darum geht's Nach der US-Wahl wurde spekuliert, das Amt des Präsidenten werde Donald Trump verändern. Dann wurde prophezeit, man werde ihn des Amtes entheben. Doch am wahrscheinlichsten sei, dass Trump einfach Trump bleiben werde. Höchste Zeit also für Deutschland und Europa, mit einer Politik zu beginnen, die auch ohne die USA funktioniert, sagt Moderatorin Maybrit Illner. "Trump verändert die Welt — Stresstest für Europa?" — zu diesem Thema sollen ihre Gäste diskutieren.

Darum geht's wirklich Die Debatte wurde dadurch angetrieben, dass Trump kurz zuvor den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet hatte. Das bewerteten die Linken-Parteivorsitzende Katja Kipping und Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zwar ähnlich. Kipping warf der Bundesregierung gleichzeitig auch Heuchelei vor. Trumps Beziehungen zur Nato war das andere Thema, das die Runde ausführlich diskutierte.

Klimapolitik von Donald Trump: Proteste in Washington
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Proteste gegen Trumps Klimapolitik in Washington

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Foto: afp

Die Gäste

  • Ursula von der Leyen (CDU), Bundesverteidigungsministerin
  • Nicole Deitelhoff, Professorin für Internationale Beziehungen
  • Katja Kipping (Die Linke), Parteivorsitzende
  • Elmar Theveßen, stellvertretender ZDF-Chefredakteur
  • Ralph Freund, Republicans Overseas Germany

Der Frontverlauf

Die Sendung konnte nicht mit überraschenden Positionierungen punkten: Ralph Freund nahm die Rolle von Trumps Stellvertreter bei Illner ein, Elmar Theveßen und die Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff brachten ihr Expertenwissen in die Runde ein. Ursula von der Leyen kehrte ihre staatstragende Haltung hervor, nur Katja Kipping schaffte es, in aller Übereinstimmung mit der Kritik an Trump noch ein paar Seitenhiebe in Richtung der Politik der Bundesregierung zu setzen.

Kurz vor der Sendung hatte der amerikanische Präsident Donald Trump seinen Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen bekanntgegeben. Dieses Thema dominierte über weite Teile den Verlauf der Diskussion. Der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen sagte zu Beginn, Trump verfolge nicht mehr eine "America first"-, sondern eine "America alone"-Politik. "Trump definiert Freundschaft und Solidarität danach, wie andere amerikanische Interessen fördern und mehren."

Dem widersprach Ralph Freund von den "Republicans Overseas", der schon häufig in Talksendungen über Donald Trump zu Gast war. Trump fordere von den Partnern die Mittel ein, die ihm fehlen. "Deutschland und Europa sollen sich nicht daran gewöhnen, sich nicht an den Weltinfrastrukturausgaben zu beteiligen."

Die Konfliktforscherin und Politik-Professorin Nicole Deitelhoff bereicherte die Runde durch ihre fachliche Einschätzung. Trump habe wenig Interesse an multilateralen Verträgen, sagte sie im Hinblick auf die Kündigung des Klimaschutzabkommens. Später in der Sendung sprach sie sich dafür aus, dass Deutschland sein traditionell starkes außenpolitisches Engagement in diesem Bereich wieder stärke. "Das Bekenntnis zu multilateralen Verträgen ist Tradition in der deutschen Außenpolitik. Deutschland sollte als Vorbild wieder für solche Abkommen werben." Nicht nur das Klimaabkommen, sondern auch andere multilaterale Verträge wie auch die EU, die Folterkonvention oder der Internationale Gerichtshof stünden unter Beschuss. "Hier müsste Deutschland wieder mehr investieren."

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bezeichnete den Ausstieg aus dem Klimaabkommen als "Abschied von globaler Verantwortung". Aber gerade in kritischen Zeiten würden sich andere Länder zusammenschließen, um ihre Interessen zu vertreten. Auch Katja Kipping von der Linken ging mit Trumps Absage an den Klimaschutz hart ins Gericht. "Der Ausstieg aus dem Klimaabkommen ist eine Kriegserklärung an den Planeten", sagte sie. Gleichzeitig warf sie der Bundesregierung "Klimaschutzheuchelei" vor und machte ihre Kritik an drei Punkten fest. Deutschland erfülle seine eigenen Klimaschutzziele seit Jahren nicht, Deutschland habe auf europäischer Ebene verbindliche Abgasnormen für Autos verhindert, und Bundeskanzlerin Angela Merkel und der ehemalige Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel hätten das Kohleausstiegsgesetz gemeinsam zerschossen.

Von der Leyen ging auf die Sticheleien ihrer Sitznachbarin nicht weiter ein, sie spielte stattdessen die staatstragende Rolle. Die CDU-Politikerin ging in der Folge auf Trumps Auftritt beim Nato-Gipfel bzw. beim G7-Gipfel ein. Trump habe lieber über Geld gesprochen, als sich klar zu den gemeinsamen westlichen Werten zu bekennen, die auch die Nato repräsentiere. Sie bezeichnete seine Worte als "schwere Ernüchterung". Europa habe nun verstanden, dass es seine eigenen politischen Probleme in die Hand nehmen müsse. Gleichzeitig merkte sie an, dass man nicht nur auf Verteidigungsausgaben schielen dürfe. Die USA gäben dafür weniger Geld für Entwicklungszusammenarbeit aus.

Die Politikwissenschaftlerin Deitelhoff nannte Trumps Einstellung "absurd", dass es Geld gäbe, das die anderen Länder ihm vorenthielten. Das Ziel, innerhalb der nächsten zehn Jahre zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Verteidigung auszugeben, sei nur eine freiwillige Selbstverpflichtung. Das zeuge von der Ahnungslosigkeit Trumps. Anfangs habe sie diese für eine Strategie gehalten, um in der Rolle als "enfant terrible" wieder Bewegung in festgefahrene politische Strukturen zu bringen. "Doch mittlerweile sehe ich Ahnungslosigkeit."

Auch wenn sich manche vielleicht wünschten, dass Trump seines Amtes enthoben würde, war sich die Runde darin einig, dass das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht passieren werde. Katja Kipping sagte zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren (englisch: Impeachment): "Wenn das Leben so funktionieren würde wie ein Drehbuch bei ,House of Cards', dannn käme es dazu. Doch in Wirklichkeit wird es schwierig, dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat zu finden."

(heif)
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