TV-Talk bei Maybrit Illner Merkel-Bashing bringt Punkte im Wahlkampf

Düsseldorf · Es gibt kein anderes Thema als Merkel und ihr "Wir schaffen das"-Mantra in den Polit-Talks dieser Woche. Auch Maybrit Illner käute die ollen Kamellen mit ihren Gästen wieder. Nur ein Politikwissenschaftler wollte da nicht mitmachen.

Darum ging's: "Kanzlerin der Flüchtlinge — Wer folgt noch Angela Merkel?" AfD-Wähler glauben fest daran: Merkel muss weg. Mittlerweile zweifelten aber auch Unions-Anhänger an der Kanzlerin, sagte Illner in der Einleitung zur Sendung. Wer würde noch an ihrer Seite kämpfen, falls Merkel noch einmal als Kanzlerin kandidiere? Das wollte die Moderatorin von ihren Gästen wissen.

Darum ging's wirklich: Die CDU- und SPD-Vertreter am Tisch diskutierten darüber, wie man verhindern kann, dass Menschen die AfD wählen. Der AfD-Politiker blieb nach einem Spruch über Ausländer ausgesprochen blass, und Horst Seehofer und seine CSU waren Thema genauso wie die Frage, ob Merkel überhaupt noch einmal kandidieren möchte.

Die Gäste:

  • Manuela Schwesig, SPD, Bundesfamilienministerin
  • Gabor Steingart, Herausgeber des "Handelsblatt"
  • Matthias Manthei, AfD-Vorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern und früher CDU-Mitglied
  • Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler
  • Thomas Strobel, stellvertretender CDU-Vorsitzender

Der Frontverlauf: Gleich zu Beginn des Talks stellte Manuela Schwesig, Bundesfamilienministerin und stellvertretende SPD-Vorsitzende, klar, dass sie genug habe von den anhaltenden Diskussionen über Merkels magische drei Worte. Viel zu lange habe man über das "Ob" statt über das "Wie" diskutiert. Und jetzt müsse man wegkommen vom "Wir schaffen das" und hin zum "Wir machen das". Doch das wollten sich die Herren der Runde, mit Ausnahme von Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke, nicht sagen lassen.

Von Lucke stieß einen anderen diskussionswürdigen Punkt an, nämlich die anhaltenden Frotzeleien und Demontierungsversuche der CSU, die die Kanzlerin treffen sollen. "Die Union selbst ist es, CDU und CSU, die sich in desaströser Weise in eine Eskalation treiben, aus der man gegenwärtig nicht sehen kann, wie Herr Strobel und die CDU um Frau Merkel da wieder rauskommen können", sagte der Politikwissenschaftler.

Mit der Diskussion über die Vorschläge der CSU (Burka-Verbot, Abschaffung der Doppelten Staatsbürgerschaft, Obergrenze für Flüchtlinge) wandte sich die Runde dann der Tagespolitik zu. "Herr Seehofer spielt das Spiel seines Lebens", sagte der Journalist Gabor Steingart. Es gelinge der CSU immer wieder, die CDU vor sich herzutreiben. Ohne die Zustimmung der CSU könne Angela Merkel nicht noch einmal als Kanzlerin kandidieren.

Immer noch würden 42 Prozent Merkel als Kanzlerin haben wollen, sagte Albrecht von Lucke. Er könne sich nicht vorstellen, dass Merkel in dieser Situation nicht wieder antreten wolle. Auf die Frage der Moderatorin, was Horst Seehofer wirklich wolle, geriet Thomas Strobl, stellvertretender CDU-Vorsitzender, ins Schwimmen. "Ich hätte die Hoffnung, dass wir in der Union nicht so viel streiten." Das wirkte angesichts der aggressiven Kritik der CSU an der Kanzlerin ziemlich ratlos.

Auch hier fand Politikwissenschaftler von Lucke deutlichere Worte. Die Kanzlerin sei in einem Maße klar definiert in ihrer Flüchtlingspolitik, wie er das selten von Politikern erlebt habe. Derzeit erreiche sie vor allem Zustimmung bei den Grünen. Damit war auch die Frage des Abends beantwortet, wer überhaupt noch zu Merkel halte. Nämlich nicht so sehr die eigene Partei, sondern eine Oppositionspartei.

Zuletzt lieferte sich von Lucke sogar noch den einzigen scharfen Wortwechsel des Abends mit dem AfD-Vertreter Matthias Manthei, der sich den ganzen Abend zurückgehalten hatte. "Sie wären auch gewählt worden, wenn sie nichts gemacht hätten", sagte von Lucke in Richtung Manthei. "Das haben sie überhaupt nicht richtig wahrgenommen", konterte der AfD-Abgeordnete, der in der Landtagswahl ein Direktmandat bekommen hatte. Statt sich also mit dem politischen Gegner der AfD auseinander zu setzen, beschränkten sich CDU und SPD — wie im wahren Leben — darauf, ihre eigene Führungskraft Angela Merkel anzugreifen.

Spruch des Abends: "Wir müssen zum 'Wir machen das' kommen." (Manuela Schwesig)

(heif)
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