Tatort "Babbeldasch" Einer der schlechtesten Fälle aller Zeiten

Ludwigshafen · Der Ludwigshafener "Tatort" gehörte trotz seiner Experimentiertfreude zu den schlechtesten Fällen in der Geschichte der ARD-Krimireihe.

Fotos: Szenen aus dem Tatort "Babbeldasch"
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Szenen aus dem Tatort "Babbeldasch"

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Foto: SWR-Pressestelle/Fotoredaktion

Wie gingen die Filmemacher vor? Weder die Laiendarsteller des Ludwigshafener Mundarttheaters noch das feste "Tatort"-Ensemble um Ulrike Folkerts hatte ein Drehbuch oder wusste im Vorfeld wer der Täter ist. Autor Sönke Andresen und Regisseur Axel Ranisch entwarfen lediglich einen groben Handlungsablauf, den die Schauspieler zunächst nicht zu sehen bekamen. Von Szene zu Szene — gedreht wurde chronologisch — entwickelte das Team die Charaktere weiter und improvisierte beim Dreh die Dialoge.

Gibt es ähnliche Projekte? In der 40-jährigen Geschichte des "Tatorts" ist ein solch improvisierter Fall nach Angaben des SWR bislang einzigartig. Der in Berlin lebende 33-jährige Filmemacher Ranisch hat aber bereits andere Projekte auf diese Art umgesetzt. Seine Kinofilme "Ich fühl' mich Disco" und "Alki Alki" wurden ebenfalls in einem Prozess mit den Schauspielern erarbeitet.

Gab es Fremdschämmomente? Ja, jede Menge. Etwa, wenn die Theaterchefin der Kommissarin als polterndes Diva-Monster erscheint. Man könnte es auch die schlechteste Zombie-Vorstellung aller Zeiten nennen.

Welches Bild wird man nicht mehr los? Das der ermordeten Theaterchefin, der ekliger weißer Schaum aus dem Mund läuft, nachdem sie mit einem Mohn-Schokocroissant vergiftet wurde. Und die Szene, als sie Odenthal auf so schrecklich eindrückliche Weise erscheint, dass man fast selbst Alpträume davon bekommt.

Wie wurde Ludwigshafen präsentiert? Als eine Art Pfälzer Provinz. Denn Hauptspielort war ein Boulevardtheater, in dem nur Mundart gesprochen wurde. Quasi alle Figuren außer Lena Odenthal sprachen Dialekt. Als Gegenpol bleibt Odenthals neue schicke Penthouse-Wohnung mit Blick auf den Rhein in Erinnerung. Dort hätte man als Zuschauer auch gerne in der Hängematte gelegen und den "Tatort" verschlafen.

Was hat man über Odenthal gelernt? Schon lange wird gemutmaßt, dass die Kommissarin ebenso wie Darstellerin Ulrike Folkerts lesbisch sein könnte. Schon 2001 gab es einen Fall, in dem sie eine Frau küsste. Und auch in "Babbeldasch" gibt es in den Riegen der Theaterdarsteller ein lesbisches Paar, das aber nicht offen zu seiner Liebe steht. Und wäre eine von ihnen nicht sehr verdächtig gewesen, so hätte Odenthal wahrscheinlich mit ihr angebändelt - zumindest scheinen sich die beiden sehr sympathisch zu finden.

Welche Fragen bleiben offen? Kopper lud alle Kollegen zum Abendessen bei sich Zuhause ein, um eine angeblich wichtige Mitteilung zu machen. Doch weil das Essen durch das Gebabbel über den Fall und durch die Kollegin, die mit ihren Zwillingen erscheint, gesprengt wird, verschwand der Gastgeber einfach und man erfährt nicht, um was es eigentlich ging. So bleibt das Gefühl, dass Kopper, der erneut nur in ganz wenigen Szenen zu sehen war, irgendwie nicht mehr dazu gehört und eventuell bald gehen könnte.

Soll es eine Fortsetzung der Zusammenarbeit geben? Der nächste SWR-"Tatort" mit Ranisch, Folkerts und viel Improvisation ist bereits im Dreh. Es soll in die tödliche Abgeschiedenheit eines Schwarzwaldhotels gehen. Vielleicht hätte der SWR erstmal die Quoten abwarten sollen — denn bei aller Lust am Experiment steht zu befürchten, dass diese nicht gerade rosig sein werden. Denn das Ergebnis ist in den Augen einiger Kritiker und sicher auch vieler Zuschauer nicht gelungen.

(leb)
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