"Tatort"-Schauspielerin Anna Schudt "Wir sind alle irgendwo Ausländer"

Düsseldorf · Die Schauspielerin Anna Schudt (40) spricht über den neuen Dortmunder "Tatort"-Fall, Fremdenhass und ihre Rolle als dreifache Mutter.

 "Tatort"-Schauspielerin Anna Schudt im Interview mit unserer Redaktion.

"Tatort"-Schauspielerin Anna Schudt im Interview mit unserer Redaktion.

Foto: Andreas Bretz

Schauspielerin Anna Schudt ist am Sonntag im fünften Fall des Dortmunder "Tatort"-Temas zu sehen. Unter dem Titel "Hydra" geht es vor allem um das Thema rechtsextreme Gewalt - in Zeiten von Pegida und Hooligan-Aufmärschen höchst aktuell.

Die neue Folge trägt einen schwierigen Titel. Wie interpretieren Sie ihn?

Anna Schudt Es geht darum, dass Menschen mehrere Identitäten haben können und diese gut verstecken können. Sobald man sie entlarvt, wächst plötzlich ein ganz neues Bild dieses Menschen. Man denkt, jemanden zu kennen und muss feststellen, dass einem jeder Instinkt versagt hat. "Hydra" wird ein Kopf abgeschlagen und unermüdlich wachsen neue Köpfe aus ihrem Hals.

Es scheint, dass sich Kommissar Faber (Jörg Hartmann) und die von Ihnen gespielte Kommissarin Bönisch immer mehr annähern. Was ist das für eine Art von Beziehung, die die beiden verbindet?

Schudt Einsame Seelen, die sich erkennen - so würde ich das beschreiben. Es gibt eine gewisse undefinierbare Nähe, die beide nicht herausgefordert haben und beide auch nicht wirklich wollen. Diese kommt über die Arbeit, aber auch darüber, dass sie sich einander schonungslos zumuten.

Das zentrale Thema ist rechte Gewalt. Ein sehr aktuelles. Wie ist Ihre Sicht auf "Pegida"?

Schudt Ich stehe jeder Art von Radikalismus vollkommen verständnislos gegenüber und finde es völlig absurd, dass Menschen anderen Menschen ihre Sicht-, Lebens- und Glaubensweise aufhalsen wollen.

Sind Sie selbst schon mal mit Fremdenhass in Berührung gekommen? Haben Sie während der Dreharbeiten von Ihrer türkischen Kollegin Aylin Tezel etwas dazu erfahren?

Schudt Wir sind alle überall Ausländer. Mich hat auch schon einmal jemand in Marokko belästigt, weil ich eine Frau bin. Mein brasilianisches Kindermädchen ist verbal angegangen worden, weil es dunkelhäutig ist. Das war alles überlebbar und ich war noch nie in einer Extremsituation. Wenn wir weniger ängstlich wären, sondern vielmehr neugierig auf Andersartigkeit, auch vor Behinderungen usw., dann hätten wir eine friedliche Welt, davon bin ich überzeugt.

Sie sagen im Film, dass Sie nicht wollen würden, dass eine Frau mit rechtem Gedankengut als Erzieherin im Kindergarten auf Ihre Kinder auspasst. Müsste das tatsächlich stärker kontrolliert werden?

Schudt Wie man die Gesinnung der Menschen kontrollieren kann, weiß ich nicht. Wir müssen aufmerksam sein und Zeit haben, zuhören und nachfragen. Unsere Kinder, die vielleicht später jemanden erziehen sollen, zu angstfreien, toleranten, sprachgewandten Menschen erziehen, die offen und kritisch auf ihre Mitmenschen zugehen können.

Martina Bönisch ist eine toughe Kommissarin, die langsam zur geheimen Chefin der Abteilung wird. Andererseits trifft sie sich mit Callboys oder sitzt abends alleine an der Hotelbar. Was ist los mit ihr? Und was hat Sie persönlich an der Rolle gereizt?

Schudt Bönisch ist tough und seelisch einsam. Ein schöner Gegensatz. Sie hat alles im Griff und nichts im Griff. Für mich als Schauspielerin ist diese Arbeit sehr reizvoll.

Glauben Sie, dass es heute viele erfolgreiche, aber einsame Frauen gibt? Was können sie tun, um auch privat Ihr Glück zu finden?

Schudt Open your heart! Weg vom Computer, Smartphones in den Müll, Feierabend machen und Freunde treffen.

Der Dortmund "Tatort" hat eine Weile pausiert. Seit der letzten Folge ist fast ein Jahr vergangen. Ein Grund war, dass Sie Mutter geworden sind. Wie fühlen Sie sich als Dreifach-Mama, und wie ist es, wieder zurück im Beruf zu sein?

Schudt Dass es für mich möglich ist, drei Kinder zu haben UND zu arbeiten, ist meine absolute Erfüllung. Die Kinder sind Erholung von der Arbeit und die Arbeit ist Erholung von den Kindern. Besser geht es kaum.

Sie leben in Düsseldorf. Was mögen Sie besonders an der Stadt? Wie empfinden Sie dort das Leben mit Kindern?

Schudt Ich mag das rheinische Gemüt und den Rhein. Das Leben mit meiner Familie ist überall toll und wenn jemand noch die Berge und den Englischen Garten hierher zaubern könnte, wäre es absolut top ...

(RP)
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