"Tatort: Durchgedreht" Zuviel Zeitlupe und Steuerdebatte im neuen Kölner Fall

Düsseldorf · Die Fans haben sich auf den Auftakt in die neue "Tatort"-Saison gefreut. Leider schlägt der Zuschauer-Puls beim neuesten Fall des Kölner Teams noch nicht schneller. Die Kurzkritik.

"Tatort: Durchgedreht": Szenen aus dem neuem Fall in Köln
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Szenen aus dem "Tatort: Durchgedreht"

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90 Minuten in 90 Zeichen

Gescheiterter, verzweifelter Spediteur will Schwägerin beerben, tötet sie und ihren Sohn.

Was war gut?

Der "Tatort" ist zurück aus der Sommerpause - das ist gut. Und mit dem Kölner Team Schenk/Ballauf (Dietmar Bär/Klaus J. Behrendt) durften direkt wieder Publikumslieblinge ran. Regisseurin Dagmar Seume zeigte in "Durchgedreht" Menschen, die durch wirtschaftlichen und emotionalen Druck in eine Ausnahmesituation geraten. Der Mensch wird zu einem Pulverfass, für dessen Explosion ein Funke, ein nichtiger Anlass genügt - ein spannendes Thema, das allerdings durch weniger Protagonisten noch mehr hätte verdichtet werden können. Besonders eindringlich spielte Alexander Beyer den Familienvater Sven Habdank, dessen Frau und Sohn von einem Eindringling ermordet werden. Stärkste Szene: als er mit seinem Bruder aneinander gerät, in dem er einen Nebenbuhler vermutet.

Was war weniger gut?

Viel zu viele Tatverdächtige und viel zu viel Gerede über die Steuer-Gerechtigkeit in Deutschland. Denn dass der Mörder im beruflichen Umfeld des Steuerbeamten zu finden sei, war eine eher unlogische Drehbuch-Finte. Dem "Tatort" fehlte etwas die Dynamik, das wurde vor allem durch einige Zeitlupen-Sequenzen verstärkt, die zum Teil dramaturgisch wenig Sinn ergaben. Zum Beispiel die Szene, in der der Onkel und Mörder mit der kleinen Anna im Lkw ein paar Runden über den Hof fährt - untermalt von einem Kinderchor, der Metallicas "Nothing Else Matters" singt.

Besondere Ausstattung?

Menschen auf der Wohnungssuche werden Stielaugen bekommen haben: Die Villa des Mörders war ein immobiler Traum, ebenso das Loft des Bruders samt Küche.

Der beste Spruch

In einer Szene wundert sich Ballauf über den so passiv wirkenden Vater. "Ich würde mir an seiner Stelle das Hirn zermartern, die Bullen nerven." "Das tust du auch so", entgegnet Schenk.

Ist der Fall real?

Einen ähnlichen Plan verfolgte ein Mann im bayerischen Krailling. Er tötete seine zwei acht- und elfjährigen Nichten. Deren Mutter entging ihm nur, weil sie später als gewohnt nach Hause kam. Der Mann war hochverschuldet, ihm drohte der Verlust seines Hauses. Durch die Tat wollte er an das Erbe seiner Schwägerin. Er wurde 2012 zu lebenslanger Haft verurteilt, und das Gericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest.

Fazit

Fans der Köln-"Tatorts" dürften sich gefreut haben, dass die Wurstbude mal wieder auftauchte und Freddy Schenk aus seinem Familienleben plauderte. Insgesamt fehlte aber die Spannung, und die Kommissare kamen mit ihren Ermittlungen beim Sommerpausen-Comeback lange nicht wirklich von der Stelle.

(mso)
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