"Tatort: Fangschuss" im Schnellcheck Schlumpfine und die Mörder von Münster

Düsseldorf · Zwischen Doppelmord und Jagdprüfung passen immer noch ein paar Thiel-und-Boerne-typische Gags – aber eben auch nicht mehr. Der "Tatort: Fangschuss" im Schnellcheck.

Münster-"Tatort": Bilder aus "Fangschuss"
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"Fangschuss": Bilder aus dem Münster-"Tatort"

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Foto: WDR/Thomas Kost/Martin Menke

Zwischen Doppelmord und Jagdprüfung passen immer noch ein paar Thiel-und-Boerne-typische Gags — aber eben auch nicht mehr. Der "Tatort: Fangschuss" im Schnellcheck.

90 Minuten in 90 Zeichen

Haarwuchsmittel können tödlich sein — oder zumindest deren Herstellerinnen.

Was war gut?

"Schnellschuss" war ein klassischer Sonntagabend-Krimi. Ohne private Probleme der Ermittler, die über Haarausfall und Jagdprüfungen hinausgehen. Das Auftauchen von Thiels angeblicher Tochter Leila zählen wir mal nicht mit. Schließlich scheint ihn selbst nicht übermäßig berührt zu haben.

Umso mehr Raum war für die typischen Münsteraner Sprüche: Alkoholiker heißen hier "strenggläubige Bacchus-Jünger" und den Vaterschaftstest, den Thiele verheimlichen wollte, bejubelt Boerne als "japanisches Kirschblütenfest". Ein bisschen doppeldeutig wird es natürlich auch, Stichwort "Stummelschwanzmakaken" und "Deutscher Stecher" (ein bestimmter Typ Gewehr-Abzug). Auch, dass statt des trauernden Vaters des armen totgefahrenen Mädchens am Ende die fiese Freya Freytag als Auftraggeberin der Morde entlarvt wird, fühlt sich richtig an.

Was war schlecht?

Die Regieanweisungen für Janina Fautz, die ihr Bestes gibt, um Thiels vermeintliche Tochter Leila zu geben — mal frech, mal verloren, mal die Coolness und Härte vortäuschend, um Mörder um sechsstellige Summen zu erpressen. Bitter, dass "Frau Schlumpf" (Boerne) gezwungen wird, jeden ihrer Gedanken einem Blinden mit Krückstock zu erklären — in zahllosen Selbstgesprächen von "Fuck! Es geht um Millionen!" über "Hä? Was für'n USB-Stick?" mitten im Telefonat mit dem Bösewicht bis hin zur Selbstkritik "Du hast doch zu viele Filme gesehen!" Zum Schluss greift sie gar zur Selbstkasteiung durch Ohrfeigen — selbstredend ebenfalls begleitet von dem gesprochenen Quasi-Untertitel "Ich könnte mich schlagen!"

Was war überflüssig?

Dass Boerne auf dem Friedhof vor der trauernden Leila das Volkslied "Der liebste Platz, den ich auf Erden hab, das ist die Rasenbank vorm Elterngrab" rezitiert, mag man ihm vielleicht durchgehen lassen. Aber spätestens in Kombination mit Thiels arg rustikalem "Na, geht's?" ist es überhart. Zumal die junge Frau im Film nicht nur ihren Vater verloren hat. Ihre Mutter Biggi leidet an Krebs: "Bauchspeicheldrüse. Endstadium." Falls sie das nicht nur herumerzählt hat, um ihrem angeblichen Vater Thiel ein noch größeres Schuldbewusstsein einzureden.

Wie wird die Quote?

Sehr gut. Elf, zwölf oder 13 Millionen Zuschauer wird er schon finden (Nachtrag: Es waren sogar 14,56 Millionen — genug für Platz fünf der ewigen Bestenliste). Ein "Münster-Tatort" wird nicht kritisch gesehen, sondern geliebt. Aber Liebe ist ja auch was Schönes. Und Konstanz nicht nur eine Stadt am Bodensee. Also trinken wir auf 15 weitere Jahre Münster-"Tatort", wohl oder übel — mit "Wildererblut".

(tojo)
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