Erster Tatort nach der Sommerpause Ein starkes Stück zum Auftakt

Luzern · Der "Tatort" kehrt aus der Sommerpause zurück mit einem Krimi aus der Schweiz. In Luzern geht ein Scharfschütze um.

Bilder aus "Tatort - Ihr werdet gerichtet"
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Es dauert nur eine Minute und zwölf Sekunden, und schon fließt im "Tatort" frisches Blut - und wie! Ein Scharfschütze tötet vor einem Hochhaus zwei albanische Autohändler mit einem Präzisionsgewehr und Dum-Dum-Geschossen. Die Körper der beiden Männer werden durch die Wucht des Einschlags meterweit durch die Luft geschleudert, das Blut spritzt, und der Anblick der Kopfwunden ist nicht schön. Da kann der Zuschauer ruhig mal kurz die Augen schließen, auch wenn es der erste neue "Tatort" nach der Sommerpause ist.

Die Krimireihe hat sich mit einem Fall aus Luzern Anfang Juli verabschiedet, nur 6,12 Millionen Zuschauern schalteten ein. Das war der schlechteste Wert in den vergangenen fünf Jahren. Die Schweizer Kommissare Liz Ritschard (Delia Mayer) und Reto Flückiger (Stefan Gubser) haben einen schweren Stand beim deutschen Publikum. Der neue Krimi "Ihr werdet gerichtet" hätte aber eine höhere Einschaltquote verdient: Er erzählt eine spannende und berührende Geschichte über Selbstjustiz, über die Ohnmacht der Opfer und ihrer Angehörigen - und nicht zuletzt über die Machtlosigkeit der Polizei.

Ritschard und Flückiger stellen fest, dass die zwei Albaner einen Mann so verprügelt haben, dass er nun im Rollstuhl sitzt. Dann wird ein Treuhänder erschossen, der eine Frau und ein Mädchen bei einem Verkehrsunfall getötet hat. Niemand wurde je verurteilt. Auch Simon Amstad (Antoine Monot Jr.) und seine Frau Karin (Sarah Hostettler) haben keine Gerechtigkeit erfahren: Sie wurde von ihrem Chef mehrfach vergewaltigt, die Ermittlungen gegen den US-Amerikaner wurden aber eingestellt. Sie ist völlig traumatisiert, spricht nicht mehr, körperlicher Kontakt mit ihrem Mann ist für sie unvorstellbar. Simon Amstad fühlt sich ohnmächtig und wird für seine Frau zum Killer und Rächer aller Opfer in Luzern. In seine Patronen fräst er das Paragrafen-Zeichen ein, um der Polizei seine Botschaft mitzuteilen. Er arbeitet eine Liste ab, die Frage ist nur, wann er gestoppt wird.

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Foto: dpa, bt kde sab kde

Auch wenn der Zuschauer von Anfang an weiß, wer der Täter ist, entwickelt der "Tatort" eine Spannung, der man sich schlecht entziehen kann. Antoine Monot Jr. spielt Simon als einen Menschen, der sich allein gelassen fühlt und ein Gegensystem errichtet - sensibel, aber auch verbittert, hilflos und zugleich kaltblütig. Und am Ende siegt in Luzern nicht die Gerechtigkeit, aber dafür die Liebe.

"Tatort - Ihr werdet gerichtet", ARD, So., 20.15 Uhr

(RP)
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