"Tatort - Zorn Gottes" Ein bisschen zu viel "Lethal Weapon"

Düsseldorf · Mit seiner neuen Partnerin stellt Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) sich manchmal blöd an, entdeckt aber dafür seine komische Seite. Die Gags machen Lust auf mehr. Allerdings sorgt der "Tatort" bei allen, die eine Flugreise planen, für ein ungutes Gefühl.

Szenenbilder aus "Tatort - Zorn Gottes"
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Szenenbilder aus "Tatort - Zorn Gottes"

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Foto: NDR/Marion von der Mehden

90 Minuten in 90 Zeichen

Ein Flughafen als Hort des Schleusertums, und ein Syrien-Rückkehrer plant einen Anschlag.

Wie schlägt sich die Neue?

Das "sz" in ihrem Nachnamen hat Franziska Weisz mit ihrer Figur Julia Grosz gemein. Die Polizistin schiebt bei ihrem ersten Einsatz im "Tatort" Dienst an der Sicherheitsschleuse am Flughafen Hannover, obwohl sie dafür überqualifiziert ist. Nach und nach offenbart sie sich ihrem neuen Partner Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und erzählt, dass sie als Ausbilderin in Afghanistan war und dort einen Kollegen erschossen hat. Sie selbst erlitt einen Streifschuss und ist traumatisiert. Es gibt in diesem Fall eine sehr schöne Schlussszene, in der Falke sie bittet, sich zu überlegen, ob sie seine neue Partnerin werden möchte. Nach zwei Sekunden fragte er: "Und, schon überlegt?" Dieses Team wird sicherlich künftig für gute Unterhaltung sorgen.

Bester Dialog

"Ich neige dazu, niemandem zu vertrauen und meine Kollegen zu erschießen", sagt Grosz. "Umgekehrt wäre es mir lieber", antwortet Falke.

Was ändert sich mit der Neuen?

"Zorn Gottes" ist der siebte Fall des kantigen Bundespolizisten und Julia Grosz schon seine dritte Partnerin. Schauspielerin Petra Schmidt-Schaller zog sich als Kommissarin Katharina Lorenz zurück, weil ihr das "Tatort"-Korsett zu wenig Zeit für ihre kleine Tochter ließ. Sebastian Schipper gab die Rolle als Kommissar Jan Katz auf — der Regisseur und Schauspieler bekannte später, er habe nur wegen des Geldes beim NDR-"Tatort", dessen Team in ganz Norddeutschland ermittelt, mitgemacht.

Franziska Weisz und ihre neue Figur werden auf jeden Fall die Tiefgründige in dem Duo sein, denn Thorsten Falke entdeckt seine komische Seite und punktet mit ein paar guten Sprüchen. Humor zieht beim "Tatort" immer. Kommissarin Grosz ist Falke auch körperlich gewachsen, direkt am Anfang schlägt sie ihn nieder. Und sie begegnet ihm mehr auf Augenhöhe und kritisiert auch sein Vorgehen, zum Beispiel als er mit Tritten versucht, einen Durchgang mit Eisenstäben zu öffnen, sagt sie: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das jedes Mal macht, wenn er da durch will."

Der Abschied seiner Partnerin nagt an ihm, er hat den Job gewechselt und testet die Sicherheitsvorkehrungen an den Flughäfen. Eigentlich ist das unter seinem Niveau. Die "Tatort"-Macher wollen in diesem Fall sein Privatleben mehr in den Fokus nehmen. So versucht er, Kontakt zu seinem Sohn aufzunehmen, was allerdings scheitert. Er hat lockere Sprüche drauf und kehrt wieder mehr "den Typus des zynischen Straßenbullen" raus, so Möhring.

Gibt es realistische Vorbilder?

Drehbuchautor Florian Oeller und Regisseur Özgur Yildirim nehmen sich in "Zorn Gottes" viel vor. Sie wollen die Geschichte einer Radikalisierung erzählen. Der Türke Enis Günday (Cem-Ali Gültekin) hat sich Islamisten angeschlossen, nach zwei Jahren kehrt er nach Deutschland zurück, um einen Anschlag zu verüben. Seine Mitkämpfer nennen sich "Braunschweiger Brigade" — in Anlehnung an die echte "Lohberger Brigade" aus Dinslaken, deren Mitglieder in Syrien gekämpft haben sollen und von denen mehrere dort ums Leben gekommen sind.

Sicherheitsbereich Flughafen

Regisseur Yildirim hatte beim Drehen das Problem, dass der Flughafen Hannover nicht wirklich ästhetische Bilder liefert. Die Szenen bekommen mit einem Farbkonzept aus Grüngrau oder Grüngelb aber eine besondere Atmosphäre. Bei allen, die in den Osterferien eine Flugreise planen, sorgt der "Tatort" aber aus anderen Gründen für ein ungutes Gefühl: Flughafen-Mitarbeiter Rocky (Christoph Letkowski) schleust mit seinem Halbbruder am Flughafen Illegale ins Land. Das ist mit ein paar Mitwissern im Film möglich, es gibt sogar einen eigenen Verbindungsgang. So bringen sie auch Terroristen nach Deutschland.

Auch der Sicherheitscheck zu Beginn vergrößert sicherlich nicht das Vertrauen ins System. Drehbuchautor Oeller kam auf die Idee, als er las, dass das Wachpersonal an den Sicherheitsschleusen am Flughafen München noch nicht einmal den Tariflohn erhält. Er schließt daraus, dass Einzelne deshalb verführbar sein könnten für kriminelle Machenschaften.

Schwachpunkte des Films

Die Geschichte der Radikalisierung eines Türken, der so assimiliert ist, dass er mit seinem Vater Deutsch spricht, erreicht keine Tiefe. Wenn er erklären will, was ihn zu einem Extremisten gemacht hat, bleiben die Argumente hohl: Es geht um den Krieg, um Öl, den imperialistischen Westen, die Ermordung Unschuldiger.Und dass am Ende Falke und Grosz allein ein Krankenhaus stürmen, in dem der islamistische Anschlag verübt wird, ist auch ein bisschen zu viel "Lethal Weapon".

(mso)
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