"Tatort": Borowski und der Himmel über Kiel Die andere Seite von "Breaking Bad"

Kiel · Mitreißende Geschichte, tolles Ensemble und eindrucksvolle Bilder: Im "Tatort" aus Kiel geht es um einen grausamen Mord und Crystal Meth. Dabei zeigt der Film fast beiläufig, warum es eine Drogenszene in Wirklichkeit gar nicht gibt.

Bilder aus dem "Tatort": Borowski und der Himmel über Kiel
12 Bilder

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Der Himmel über Kiel ist grau. So grau, dass die Übergänge fließen. Von öden Häuserfassaden der Stadt über leere Landstraßen bis zu den fahlen Menschengesichtern im Bauerndorf Mundsforde. Hier hat es einen grausamen Mord gegeben. Gefunden wird zunächst nur der Kopf eines jungen Mannes, abgetrennt mit einer Axt. "Wer macht sowas?", fragt Komissarin Sarah Brandt (Sibel Kekilli). Und ihr Kollege Klaus Borowski (Axl Milberg) antwortet lakonisch: "Diese Frage sollten wir beantworten.”

Und schon sind wir mitten drin in einem der besten Filme der "Tatort"-Reihe in diesem Winter, weil er alles hat: Eine spannende Geschichte, präzise Gesellschaftskritik und ein tolles Ensemble. Fast kann man gar nicht glauben, dass das alles in 90 Minuten gepasst hat.

Herausragend ist die 20 Jahre alte Schauspielerin Elisa Schlott. Sie spielt Rita, die Freundin von Mike, dessen Körper zunächst abhanden gekommen ist. Mike war abhängig von der Droge Crystal Meth. Und auch Rita ist süchtig, aber seit ein paar Wochen clean. Der Pressetext der ARD spricht ab hier von Ermittlungen "in der Kieler Drogenszene". Dabei zeigt "Borowski und der Himmel über Kiel" doch so eindrucksvoll, dass es die Drogenszene in Wirklichkeit gar nicht gibt. Das ist mit harten Drogen nicht anders als mit Alkohol.

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Foto: dpa, Sven Hoppe

Denn Crystal ist längst überall angekommen. In den Technoclubs, klar. Aber eben auch in den Wohnungen. In den Vorstadtvillen. Und sogar auf den Bauernhöfen. Die Flecken in den Gesichtern der so genannten User sind lange der einzige leuchtende Farbton in diesem "Tatort", mal abgesehen von den rotblonden Haaren einer Pathologin.

Ohne die Geschichte der Mordermittlung zu vernachlässigen zeigt dieser "Tatort" Faszination und Abgründe von Crystal. Von Drogen überhaupt. "Ich hatte so viel Energie. So viele Ideen. Einmal war ich zwei Wochen am Stück wach", schwärmt Rita an einer Stelle. Und dann sehen wir, wie ihr die Kontrolle wieder entgleitet, die sie eigentlich nie hatte.

Regisseur Christian Schwochow hat eindrucksvolle Bilder für Euphorie und Liebesrausch, Lethargie und Verzweiflung gefunden. Und noch dazu einen spannenden Krimi inszeniert. Bislang war unser popkulturelles Bild von Crystal Meth durch die großartige Serie "Breaking Bad" bestimmt. Wer will, kann am Sonntagabend mal auf die andere Seite gucken. Sie ist ernüchternd.

(hip)
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