"Tatort: Waldlust" Hagrid im Spukhotel

Ludwigshafen · Menschenknochen im Essen! Improvisation statt Drehbuch! Etwas Krimi, viel Grusel, alles ein Experiment. Egal, wie man diesen "Tatort" mit Lena Odenthal findet: Drei Dinge muss man Regisseur Axel Ranisch lassen.

Szenen aus dem "Tatort Waldlust"
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Szenen aus dem "Tatort Waldlust"

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Foto: SWR/Martin Furch

Was war das? Der Lena-Odenthal-Krimi "Waldlust" ist ein wilder Ritt, der niemanden kalt lassen dürfte — so oder so. Lange ist er grotesk-morbide à la Dürrenmatt, zum Ende hin blutig-abstrus wie ein schlechter Tarantino-Film. Auch an "Fargo" erinnert das Finale das nicht wenig. Bloß, dass die Versuche, all die Düsternis mit Humor erträglich zu machen, allesamt kläglich krepieren.

90 Minuten in 90 Zeichen: Killerjagd statt Coaching im Spukhotel. Mit Menschenknochen in der Suppe. Sehr eigen.

Wer war nochmal der Mörder? Dorfpolizist Jörn Brunner hat vor aus verschmähter Liebe Heinrich umgebracht, den Bruder von Hagrid, pardon, Humpe, offensichtlich auch ein echter Fiesling war. Dessen Frau Waltraud räumte er aus dem Weg, um keine Zeugen zu hinterlassen. Heinrich verscharrte der Mörder im Wald, Waltraud legte er neben den sturzbetrunkenen Humpe ins Bett — und hängte diesem den Mord an.

Was passierte im großen Finale? Die biedere Elli Brunner, beruflich wie privat Partnerin des Mörders, will diesen zwingen, "das hier gemeinsam zu Ende zu bringen" — ob per Massenmord an Odenthal und Co. oder Doppel-Suizid des mörderischen Pärchens, wird nicht ganz klar. Humpe schlägt sie nieder, schnappt sich ihre Dienstwaffe und erschießt Brunner, der ihm zwölf Jahre Knast eingebrockt hatte. Odenthal schießt Humpe an, wird selbst aber nur scheinbar getroffen.

Was war am Frustrierendsten? Die jung-dynamische Johanna Stern (Lisa Bitter) stellt Humpe während des Verhörs, das hübsch, aber etwas anstrengend gegen die Handlung geschnitten ist, wiederholt spannende Fragen. Umso ärgerlicher, dass sie ihm keine Zeit gibt, sie auch zu antworten. "Warum haben Sie geschossen?", fragt sie am Ende. "Sie waren doch unschuldig! All die sinnlose Gewalt, all die Toten... mit Jörn Brunners Geständnis wären Sie rehabilitiert gewesen." Sekunden später verlässt sie den Raum. Aufs Drehbuch kann sie das nicht schieben.

Was muss man Alex Ranisch lassen? Der junge Regisseur zeigt Rückgrat und probiert vieles von dem, was an seinem "Tatort"-Debüt "Babbeldasch" in der Luft zerrissen wurde, einfach noch einmal aus. "Wenn wir nichts mehr wagen und uns in vorauseilendem Gehorsam selbst beschneiden, nur um nicht anzuecken, dann können wir das Filmemachen sein lassen", sagt er, und hat damit natürlich recht. Bonuspunkte bekommt er dafür, dass er seine Produktionsfirma "Sehr gute Filme" genannt hat — und dass er seiner Oma Ruth Bickelhaupt Auftritte verschafft, wo immer es geht. In "Waldlust" gibt sie die potenziell demente Diva.

(tojo)
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