Wiesbadener "Tatort: Wer bin ich?" Faszinierendes Verwirrspiel um Ulrich Tukur

Düsseldorf · Ulrich Tukur hat sich und dem Team des Wiesbaden-"Tatort" Narrenfreiheit zusichern lassen – und beweist Mal um Mal, dass er diesen einzigartigen Freiraum zu nutzen weiß.

Szenen aus dem Murot-"Tatort: Wer bin ich?"
8 Bilder

Szenen aus dem Murot-"Tatort: Wer bin ich?"

8 Bilder

Ulrich Tukur hat sich und dem Team des Wiesbaden-"Tatort" Narrenfreiheit zusichern lassen — und beweist Mal um Mal, dass er diesen einzigartigen Freiraum zu nutzen weiß.

Den LKA-Mann Felix Murot spielte Tukur (58) zunächst als Hirntumor-Patienten, was ihm prompt die Goldene Kamera einbrachte. RAF-Terror, Organhandel und Zwangsprostitution vermengte er mit Tanz, Gesang und kafkaesken Bildern. Sein bislang letzter Fall "Im Schmerz geboren" war nochmals umstrittener — vor allem, weil es in diesem so gewagten wie gelungenen Shakespeare-Western-Mix 53 Tote gab.

Der neue Fall (Buch und Regie: Bastian Günther) dürfte Zuschauer und Kritiker erneut spalten, denn "Wer bin ich?" ist ein Film im Film: Tukur spielt neben Murot auch den Schauspieler Ulrich Tukur — der nach einem Besäufnis am Set des Mordes verdächtigt wird. Das Opfer ist ein Regieassistent, der am Abend fast 80.000 Euro im Casino gewonnen hatte. Geld, das Murot in seinem Hotelschrank findet.

Dieser Fall wird verhandelt als je ein Drittel "Tatort", "Tatort"-Parodie und philosophische Spielerei. Immer ungenierter wenden sich seine Kollegen von Tukur ab oder bringen sich selbst für seine Nachfolge ins Spiel.

Der verfressene Regisseur Justus von Dohnányi lebt ohnehin in seiner eigenen Welt, und der verantwortliche Redakteur (Michael Rotschopf) distanziert sich im Frühstücksfernsehen aalglatt von seinem Star Tukur: Natürlich habe man einen "Plan B", falls sich Tukur tatsächlich als schuldig herausstellen sollte — wobei man selbstredend damit rechne, dass sich alles in Wohlgefallen auflösen werde...

Hoffentlich überzeichnet

Für Belustigung und Fremdschämen sorgen die Eitel- und Befindlichkeiten der (hoffentlich) überzeichneten Figuren Tukur und Barbara Philipp, die Murots Assistentin Magda Wächter darstellt. Die Freude am Spiel sieht man ihnen ebenso an wie den Darstellern der Frankfurter Ermittler, Wolfram Koch (eitel) und Martin Wuttke (schmierig und pleite), die aus Kostengründen im selben Hotel untergebracht sind.

Derweil wollen die süffisanten Klischee-Ermittler Kern und Kugler (Yorck Dippe und Sascha Nathan) den verzweifelten "Fernseh-Fuzzi" Tukur um jeden Preis überführen.

In den Schlussspurt geht es mit einer letzten, feinen Volte. Auch wenn es danach so wirken mag: Der letzte Auftritt von Murot ist "Wer bin ich?" nicht. Laut "Hörzu" wird er bald einen Serienmörder jagen, der überzeugt ist, Gutes zu tun. Na dann!

Wiesbaden-Tatort "Wer bin ich?", Sonntag, 27. Dezember 2015, 20.15 Uhr

(tojo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort