Tatort "Feigheit des Löwen" Auf diesen Fall eine "Billstedter Milch"!

Düsseldorf · "Die Feigheit des Löwen" ist für Falke und Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) der vierte Fall. Im Schnitt sehen dem einzigen Bundespolizei-Team am "Tatort" rund zehn Millionen Menschen zu - und diejenigen, die an diesem Sonntag eingeschaltet haben, sollten ihre Entscheidung nicht bereut haben.

Tatort "Die Feigheit des Löwen": Wotan Wilke Möhring ermittelt
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"Die Feigheit des Löwen": Syriens Krieg als Thema im "Tatort"

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90 Minuten in 90 Zeichen

Frau will sich am Mörder ihres Vaters rächen. Der ahnt den Plan und tötet ihren Komplizen.

Hat sich "Die Feigheit des Löwen" gelohnt?

Ja! Vor allen Dingen der Verzicht auf Stereotype machte den Tatort mit Wotan Wilke Möhring alias Kommissar Thorsten Falke und Petra Schmidt-Schaller als Katharina Lorenz sehenswert. Die Problematik der Flüchtlinge wurde aus vielen Perspektiven dargestellt. Drehbuchautor Friedrich Ani wollte einiges in die Geschichte reinpacken. Es war ein dichter Plot mit vielleicht dem ein oder anderen Aspekt zu viel — aber überfrachtet war der Krimi nicht.

Den kennt man doch

Der Iraner Navid Negahban spielt den undurchsichtigen syrischen Arzt Harun. Sein Gesicht kennen Fans der Serie "Homeland", in der er den Al-Qaida-Terroristen Abu Nazir verkörpert. Negahban lebte in den 80er Jahren einige Zeit in Deutschland und stand auch auf der Theaterbühne. 2015 ist er in Clint Eastwoods Film "American Sniper" im Kino zu sehen.

Brutalität auf den zweiten Blick

Wenn in anderen Städten im "Tatort" die Leichen wegen Masse schon per Strichliste gezählt werden, kommt der einzige Bundespolizei-Krimi mit wenig Blut aus und wirkt dennoch erschreckend brutal. Grund dafür sind die Schilderungen der syrischen Flüchtlinge über den Krieg in ihrer Heimat. Regisseur Marvin Kren gelingt es, mit Ausschnitten aus Radio- und Fernsehnachrichten die Gräuel des Kriegs omnipräsent zu halten. Auch im Krankenhaus, in dem sich die syrische Mutter mit dem kleinen Ali aufhält, tauchen Leute auf, die blutüberströmt sind oder denen Gliedmaße fehlen. Im Hintergrund sind oft Kampfgeräusche zu hören. So schafft Kren eine bedrückende Atmosphäre, die unter die Haut geht.

Der beste Spruch

"Das ist keine Täuschung, das ist eine List", sagt Thorsten Falke, als er sich nicht so ganz im Rahmen des Legalen bewegt.

Der Hä-Moment

Falke und Kollegin Schaller landen nach einem Kneipenabend im Bett. Am nächsten Morgen begrüßt sie ihn freundlich mit einem "Sie". Klar, Botschaft angekommen. Die beiden sind durch Alkohol enthemmt aus ihrer Rolle gefallen und gehen nun wieder auf professionelle Distanz. Ob sie im Bett auch beim Sie geblieben sind? Lustige Vorstellung. Wie es mit den beiden weitergeht? Der fünfte Fall wird es zeigen — vielleicht.

Der Running-Gag

Gerichtsmedizinerin Evers (Brigitte Kren, die Mutter von Regisseur Marvin Kren) führt den Begriff Pomologe in Falkes Wortschatz ein. Aus der Unwissenheit des Kommissars entwickelt sich ein Running-Gag. Dialogbeispiele zwischen Schaller und Falke — Er: "Was ist denn bitte ein Pomologe?" Sie: "Was meinen Sie denn?" — Er: "Was ist denn nun ein Pomologe?". Sie: "Warum kommen Sie eigentlich nie auf die Idee, etwas selber nachzugucken?". Er: "Sie wissen es selber nicht." Und irgendwann kommt Falke ganz allein darauf, dass der Pomologe mit den Pommes, wie er sie kennt, nichts zu tun hat.

Der Tourismus-Faktor

Der Film spielt zwar in Oldenburg, aber man sieht wenig bis gar nichts. Das Schilf ist schön, ansonsten gibt es eine runtergekommene Kommandozentrale mit Stromausfall, vielen Bildschirmen und Verhörzimmern. Der Bungalow des Arztes ist allerdings sehr schick und dank der großen Fenster, lässt sich seine Familie bequem vom Auto aus observieren.

Medizinische Nachhilfe

Ahmad Shuk, ein in Oldenburg lebender Syrer, stirbt den Bolus-Tod. Das heißt, er verschluckt ein Stück Apfel — allerdings nicht freiwillig —, das sich im Kehlkopf verklemmt und den Nervus vagus so reizt, dass es zu einem Herz-Kreislaufversagen kommt. Mit diesem "Tatort" hat der Apfel seine Unschuld verloren. In ihm steckt ein Killer — und nicht nur, wenn er wie in Schneewittchens Fall vergiftet ist.

Was man nicht nachmachen sollte

Thorsten Falke präsentiert zu später Stunde eine Spezialität aus seiner Heimat: ein Mixgetränk namens "Billstedter Milch". Dafür werden ein Glas Milch und ein Korn vermischt. Muss man das ausprobieren? Nicht wirklich, und wenn doch nur mit Wotan Wilke Möhring in der Eckkneipe.

(RP)
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