"The Voice of Germany" Kloweisheit und Geschlechterrätsel

Düsseldorf · Rosafarbene Autoschrauberinnen und stotter-therapierende Optikerazubis: Schön langsam hat man dann alle denkbaren Kandidatenkombinationen gesehen. Ein Mitfieberrestchen gibt es trotzdem noch.

Soll nochmal einer sagen, Formate wie "The Voice of Germany" dienten in bedenklichen Zeiten eigentlich nur der weltenflüchtlerischen Selbsteinlullung und hätten darüber hinaus keinen pädagogischen Nutzen! Bei den gestrigen Blind Auditions konnte man durchaus beträchtliches lernen – na gut, eigentlich war es dann doch nur ein finnisches Sprichwort.

Wenn etwas prima und ganz nach Plan läuft, sagt man dort offenbar: "Es funktioniert wie eine Zugtoilette", erfuhr man von Coach Samu Haber, und das ist in Phasen, in denen man gerne mal zu fäkalen Kraftausdrücken greift, doch eine schöne, positive Ergänzung.

Ansonsten setzen sich dann leider die üblichen Späte-Frühphase-Ermüdungserscheinungen beim Zuschauen fort. Langsam ist man deutlich genervt, wenn jeder Raustimmen-Knabe und jedes Kratzrachen-Mädchen sich für den Sänger von AnnenMayKantereit hält.

Dieses Mal gab es immerhin den milden Überraschungseffekt, dass da kein Mann im tiefen Stimmengekröse wühlt. "Eigentlich schon ein Typ, oder?", fragte Michi Beck bei Smudo nach. "Ja, klar!", sagte der, und dann war es doch Anna-Lena, die "Barfuß am Klavier" zum Besten gab und kurz für tiefere Gender-Verwirrung bei den Coaches sorgte.

Optiker-Lehrling ist der Lichtblick

Es gab einen Coldplay-jodelnden Tänzer, eine als Cowgirl verkleidete Arzthelferin einen gesichtstätowierte Säuselbuben und eine österreichische Mechanikerin im rosa Minikleidchen: "Motor zambauen, des is super!". Allmählich hat man an diesem Punkt dann alle denkbaren Kandiatenvariationen gesehen, und allmählich nervt es auch kolossal, wenn Andreas Bourani auf jeden deutsch singenden Bewerber sogleich Ansprüche anmeldet, weil er ja auch so gerne deutsch singe – Die Fantastischen Vier und Yvonne Catterfeld bedienen sich schließlich auf der Bühne auch nicht exotischer, fremder Zungen.

Immerhin bot diese mittelprächtige Folge noch Potenzial für ein echtes Bildungsromänchen: Marco, der 18-jährige Optiker-Lehrling, begann eigentlich mal zu singen, weil er dann nicht stotterte, wie sonst beim Sprechen. Nun sang er auf der Voice-Bühne "Lego House" von Ed Sheeran, mit durchaus beeindruckendem Schnell-Stakkato, und seine Mutter schaute ganz aufgelöst zu, weil sie ihn noch nie so selbstbewusst gesehen hatte wie im Gespräch mit den Coaches.

Die Fantas nahmen ihn mit in die nächste Runde – und so sehr all die Schluchtzgeschichten inzwischen an der Trash-gestählten Seele abprallen: Auf seine weitere Geschichte ist man dann doch ein bisschen gespannt.

(rütz)
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