"The Voice of Germany" Preis-Prahlerei und Hammer-Hochmut

Laura Jane aus Moers schrappte knapp an der zweiten Runde vorbei, doch die Konkurrenz war auch besonders hart: Schweizer Strahlebuben, chinesische Fitnessmeister und hundeschnauzen-coole Gesangsmodels.

Zehn geschulte Ohren, abgezockter Profi-Instinkt und gekitzelter Sieges-Ehrgeiz zum Trotz: Manchmal lassen die Coaches bei "The Voice of Germany" trotz ihres engmaschigen Talente-Fangnetzes einen Vorsänger oder eine Vorsängerin auch versehentlich durch die Maschen schlüpfen. Gleich ein paar Mal wollte sich Samu Haber am Donnerstagabend bei den Blind Auditions im Nachhinein "in meinen müden Arsch beißen", auch Yvonne Catterfeld hätte sich im Nachhinein als Strafe für ein nicht weitergebuzzertes Talent gerne ins Gesäß gezwickt.

Bei der 23-jährigen Laura Jane aus Moers, für die sich trotz makelloser Version von Drakes "Hold on, we're going home" kein Jurymitglied erwärmen konnte, waren sich die Profis hinterher allerdings leider einig: Das reichte dann doch nicht ganz für die nächste Runde. "Sehr technisch" fand Coachin Catterfeld Laura Janes Gesang: "Das war auch das Problem. Das schwebte so, das kam nicht an."

Und Michi Beck diagnostizierte, er habe bei ihrer Performance "nichts zum festhalten" gefunden. Da half es wenig, das Moderator Thore Schölermann ihr vor dem Auftritt noch "eine gute Energie" attestiert hatte und Lena Gercke während ihrer Performance ergriffen "schön!" hauchte.

Ansonsten war das dritte blinde Vorsingen, bevor überhaupt ein Ton gesungen wurde, eine typenstudienmäßig interessante Parade der Gegensätze. Da ist Jesse, Aushilfsrapper bei Snap (Achtung, massiver Neunziger-Flashback JETZT!), der von sich den schönen Satz zu berichten weiß: "Ich find' mich als Typ sehr Hammer" — und dann keinen der Coaches überzeugen kann.

"Zu affektiert", findet Yvonne Catterfeld, während Jesse auch nach seinem Bühnenabgang den Schuss noch nicht hundertprozentig gehört hat: "Ich werde Geschichte schreiben." Und da ist Friedemann, schlacks-charmiger Musikstudent, der mit seinem Auftritt ganz bescheiden "nur einen guten Eindruck machen und gute Laune hinterlassen will" — und sämtliche Jurymitglieder mit seiner Version von Cro und Teesys "Jackpot" begeistert und zu einem hartbandagigen Bieterwettstreit treibt.

Da ist Robin, 22 Jahre, aus Graz, ein schüchterner, naturliebender Emofrisenträger, der auf der Voice-Bühne seinen zweiten öffentlichen Auftritt überhaupt hinlegt und denkbar unprätentiös überzeugt, und da ist Anna-Maria, nur ein Jahr älter und bühnenfestes Model, die schon für Dolce & Gabbana arbeitete, in der japanischen Vogue war, eine eigene Band hat und so selbstsicher und hundeschnauzencool vor der Jury steht, wie man nur sein kann.

Im Coaches-Kampf um Robin vergaloppiert sich Andreas Bourani ein bisschen ins unsympathische Prollposertum, als er zur Untermauerung seiner Gesangskompetenz seine Echo-Trophäe aus einem Hipsterbeutel zuppelt und den Kandidaten nötigt, den doch mal anzufassen und zu halten. "Findste das nicht auch ein bisschen eklig jetzt?", fragte Smudo, nahm Robin das Gelöt wieder aus der Hand und schlug für sein Team Fantas vor: "Wir können auch unsere fünf noch dazu stellen."

Zu den denkwürdigsten Kandidaten mit dem größten Wiedererkennungswert zählten dieses Mal — wieder ein Gegensatzpärchen — der Schweizer Bodenverleger Lukas mit der Schmirgelpapierstimme und dem Strahlebubencharme und der chinesische Fitnesstrainer Dehua, der als Draufgabe für seine Mama nach erfolgreichem Weiterkommen noch ein transparentpapierfeines Liedchen in seiner Landessprache ansang. Zwar wurde rund um seinen Auftritt so oft betont, er habe seine Mutter seit drei Jahren nicht gesehen, dass man fürchten musste, sie würde gleich zum großen Schluchzfinale aus einer Tapetentür treten — doch noch widersteht "The Voice of Germany" tapfer derartigen Verschmalze-Versuchungen.

(rütz)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort