Straßburg/Mainz Tief in der deutschen Provinz

Straßburg/Mainz · Im TV-Film "Der mit dem Schlag" auf Arte beseelt der Drang der Groteske.

So beginnen Kinomärchen - Filme, die von der Kraft und Fantasie des Einzelnen erzählen, der sich als romantischer, genialer Träumer durchsetzt gegen die bürokratischen Pfennigfuchser in seiner Umgebung.

Der romantische, geniale Träumer heißt hier Felix Grünler. Sein Traum ist eine bombastische Festtagsbeleuchtung für sein Heimatkaff. Doch auch in diesem Jahr blitzt er wie schon so oft zuvor gnadenlos ab beim Bürgermeister Kelmer, den Armin Rohde mit seiner gewohnt wuchtigen Schnoddrigkeit gibt. Weihnachten, das bedeute Tradition, heißt es im Stadtvorsteherbüro - und Veränderungen wollten die Menschen ohnehin nicht.

Es ist kein klassisches Märchen, das Christian Jeltsch da geschrieben und Lars Becker inszeniert hat. Ein wenig zu verschroben tapst Hinnerk Schönemann mit weitgehend unbewegter, oft genug verständnisloser Miene über die Hindernisse, die ihm in den Weg gelegt werden. Und ein wenig zu drastisch fallen diese Hindernisse aus - eines Morgens liegt die Mutter tot auf dem Sofa, und weil Bruder Ingo (Kurt Krömer) im Testament nur mit der Plattensammlung von Petula Clark bedacht wird und nicht etwa mit dem Familienhaus, lässt Felix' herrlich schreckschraubige Schwägerin Karin (Marlene Morreis) ihn kurzerhand in die Psychiatrie einweisen.

So wie Jeltschs Figuren unterwegs immer wieder ins Karikatureske kippen, so zugespitzt schmiedet er die Konflikte und Wirrungen, durch die sich der arme Felix Grünler schlagen muss, der zu alledem auch noch von seiner Freundin Melanie (Lisa Maria Potthoff) den Laufpass bekommt. Szenen fallen aufeinander, in atemberaubendem Tempo entspinnt sich die perfekte Intrige. Bis zur Ankunft in der Psychiatrie gibt es keine Reflexion, keine Chance zum Hinterfragen des ganzen Irrwitzes - nur die kleine, reduzierte Welt von Gericht, Elternabend und dem maroden Elektroladen im Erdgeschoss der Immobilie.

Es ist dabei nicht der kreative Irrealismus des Märchens, der die Geschichte beseelt, sondern der anarchische, bisweilen fiese, wenn hier auch immer wieder gezähmte Drang der Groteske.

"Der mit dem Schlag", Arte, 20.15 Uhr

(kna)
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