Regina Ziegler "Weissensee" könnte immer weitergehen

Die wichtigste Produzentin Deutschlands hat die Mini-Serie wiederbelebt. Nun wird die zweite Staffel der DDR-Serie gezeigt.

Berlin Die ersten sechs Folgen von "Weissensee", einer Geschichte über Opfer und Täter des DDR-Regimes in den 80er Jahren, sahen 2010 jeweils rund fünf Millionen Zuschauer. Ab Dienstag zeigt die ARD die zweite Staffel. Mit der Serie hat Produzentin Regina Ziegler eines der international anerkanntesten Stücke des deutschen Gegenwarts-Fernsehens geschaffen.

Ihre Produktion "Die Holzbaronin" war bei den "Seoul International Drama Awards" als bester Fernsehfilm nominiert. Wäre ein südkoreanischer Preis eine gerechte Strafe für Christine Neubauer gewesen?

Ziegler Wozu diese Polemik, wenn Frau Neubauer ja nicht einmal die Hauptrolle gespielt hat? Ich finde es im Übrigen sehr schön, wenn unsere Filme dort zu sehen sind und an Fernsehanstalten in der ganzen Welt verkauft werden. Da kriegt ein kleiner Produzent ein bisschen was vom großen Kuchen ab. Das Festival ist international anerkannt und wichtig für den asiatischen Markt.

Verstehen wir in Deutschland nicht, was international gute Chancen hat?

Ziegler Ich schon. Mit den "Wölfen" haben wir den Emmy geholt, das haben erst drei deutsche Filme vorher geschafft. Unsere "Mordkommission Istanbul" ist gerade bei der RAI in Italien mit riesigem Erfolg gelaufen. "Weissensee" war in Russland ein großer Erfolg, wir verhandeln gerade über eine DVD-Fassung für die USA. Die "Holzbaronin" mit Christine Neubauer ist in 15 Länder verkauft worden.

In 40 Jahren haben Sie mehr als 400 Filme durch alle Genres produziert. Muss man als Produzentin alles machen, auch die "Holzbaronin"?

Ziegler Wenn Sie mit "alles" meinen: auch Schlechtes, dann sollten Sie sich die Holzbaronin einfach noch mal anschauen. Und überlegen, warum der Zweiteiler dem Publikum – immerhin 7,35 Millionen Zuschauern – und der Kritik gefallen hat. Grundsätzlich: Wenn wir uns auf ein Genre festgelegt hätten, würde es "Ziegler-Film" heute nicht mehr geben. Vielseitigkeit ist für eine mittelständische Firma die einzige Chance, eine vernünftige Planung zu erarbeiten. Ein Konzern kann den Absturz eines Projektes vielleicht auffangen, wenn er nur Serien macht und dann eine ausfällt. Wir machen Serien, TV-Movie, Kinofilme und Dokumentationen, ich war noch nie einseitig.

Die zweite "Weissensee"-Staffel, die die ARD nun ausstrahlt, ist seit Frühjahr auf DVD erhältlich. Zerstört das nicht den Spannungsaufbau?

Ziegler Nein, das ist der Marke "Weissensee" förderlich, weil sie dadurch nicht in Vergessenheit gerät. Die erste Staffel ist vor drei Jahren gesendet, die zweite vor zwei Jahren gedreht worden. Der Trend ist ja derzeit, Serien mit Freunden bei einem Glas Wein samstags auf DVD anzusehen. Die DVD-Auswertung und damit die Präsenz beschert der Serie bei der Ausstrahlung sogar mehr Zuschauer. Auch hier zeigen die Amerikaner, wohin der Trend geht.

Außer Ihnen hat in Deutschland niemand mehr so recht an die Mini-Serie geglaubt.

Ziegler Ich fand das nett, dass der Kollege Nico Hofmann ja auch öffentlich gesagt hat: Regina hat die Mini-Serie neu erfunden. Es stimmt, "Weissensee" war die erste ihrer Art. Ich glaube, dass die Mini-Serie für Sender eine sehr gute Möglichkeit ist, gerade den Menschen, die nicht jahrelang den gleichen Titel sehen wollen, etwas Abwechslung zu längeren Serien zu bieten.

Die DDR der 80er Jahre ist eigentlich ein sperriges Thema. Warum haben Sie trotzdem daran geglaubt?

Ziegler Annette Hess, die Autorin, hat mit mir lange überlegt, welches Segment von Zeitgeschichte noch nicht erzählt worden ist. Es macht ja keinen Sinn, Stoffe über eine Zeit zu entwickeln, an der andere Produzenten auch schon dran sind. Momentan sind das vor allem die 50er und 60er Jahre. Wenn wir solche aufwendigen historischen Stücke entwickeln, möchte ich gerne, dass wir mit dem Stoff "alleinig" sind. Ein Fernsehredakteur muss das wollen. Das wird nicht der Fall sein, wenn er fünf oder sechs ähnliche Projekte auf den Tisch bekommt.

Wie läuft es mit der dritten Staffel?

Ziegler Die dritte Staffel schreiben wir gerade. Sie beginnt mit einem Frühstück im Hause Kupfer am 9. November 1989. Morgens ist noch alles wie immer, am Abend fällt die Mauer. "Weissensee" kann eine "never ending story" werden.

U. TÜCKMANTEL FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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