Eigentlich scheint alles klar zu sein. Ein Ehemann erschlägt seine Frau nach einem heftigen Streit. Anschließend erschießt er sich selbst. Es dauert einige Zeit, bis die Wiener Ermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) die wahre Dimension des Falls erkennen. Der Tote war lange Zeit Chef der Wiener Polizeischule. Die tödliche Kugel stammt aus Test-Munition, auf die nur wenige Personen Zugriff haben.

An der Polizeischule stoßen sie auf erschreckende Abgründe. Brutale Aufnahmerituale, Frauenfeindlichkeit, Videos von perversen Sexspielchen, Mobbing und Psychoterror. Und auch zwischen Eisner und seiner Bibi läuft es nicht rund. Eisner verheimlicht seiner Partnerin, dass er eine neue Freundin hat. Die chronisch einsame Bibi nimmt ihm dies übel, und beide streiten am Tatort wie die Kesselflicker.

Ihr smarter Boss macht aus der Not eine Tugend. Fellner lässt sich wegen des Streits zum Schein an die Polizeischule versetzen und ermittelt undercover. Dort gerät sie mit Ausbilder Thomas Nowak (Simon Hatzl) aneinander, der Fellner vom ersten Moment an das Leben zu Hölle macht — einen fieseren Typen als diesen Nowak gab es am Sonntagabend lange nicht zu sehen. Aber ist er auch der Mörder?

Der Fall "Wehrlos" überzeugt auch, weil Neuhauser ihrem Charakter wieder mehr Tiefe verleihen darf. Bibi Fellner hatte in den ersten Fällen mit ihren wechselnden Launen, Einsamkeit und Alkoholismus zu kämpfen. Zuletzt wurde dieser Handlungsstrang von den Drehbuchautoren nahezu vergessen. In ihrem Undercover-Einsatz brechen diese alten Wunden nun wieder auf.

Und wie immer, wenn es in Wien arg düster wird, gibt es einen amüsanten Seitenstrang. Denn natürlich hängt auch der Langzeit-Schmalspur-Ganove "Inkasso-Heinzi" irgendwie in diesem Fall mit drin. Fazit: Wer den Wiener "Tatort" und seine Ermittler mag, darf sich auf den Sonntagabend freuen.

"Tatort: Wehrlos", So., DasErste, 20.15 Uhr