Berlin Zwischen Freiheit und Tod

Berlin · Das Doku-Drama "Wir, Geiseln der SS" erzählt ein bislang unbekanntes Kapitel des Zweiten Weltkriegs.

 Ankunft im KZ Dachau (v.l.): Harring Schröder (Camillo Schlagintweit), Ingeborg Schröder (Isabelle Barth), Sybille-Maria Schröder (Anastasia Zander), Hans Dietrich Schröder (Philipp Franck) und Fey von Hassell (Henriette Schmidt).

Ankunft im KZ Dachau (v.l.): Harring Schröder (Camillo Schlagintweit), Ingeborg Schröder (Isabelle Barth), Sybille-Maria Schröder (Anastasia Zander), Hans Dietrich Schröder (Philipp Franck) und Fey von Hassell (Henriette Schmidt).

Foto: ZDF

Am 8. Mai 1945 endete offiziell der Zweite Weltkrieg. Dazu sind in den vergangenen Jahren unzählige Zeitzeugen befragt und Filmbeiträge gesendet worden. Es könnte der Eindruck entstehen, es sei nun mal genug. Doch dann kommt ein neues Doku-Drama, das ein bislang unbekanntes Kapitel erzählt: "Wir, Geiseln der SS". Der Zweiteiler erzählt eine unglaubliche Geschichte auch in Spielszenen und bildet den Auftakt zu einem Thementag unter dem Titel "1945. Die Befreiung".

Am 26. April 1945 startete die SS ein sehr merkwürdiges Unternehmen: 139 Sonderhäftlinge aus 17 Nationen sollten vom KZ Dachau aus über den verschneiten Brenner in die sogenannte "Alpenfestung" gebracht werden, in der sich SS-Mitglieder verschanzen und die Geiseln als Faustpfand in den Verhandlungen mit den West-Alliierten einsetzen wollten. 17 Gefangene dieses seltsamen Trecks greift der Film heraus: Während der sechstägigen Odyssee in einem Bus schwebten sie stets zwischen Freiheit und Tod.

Im Mittelpunkt des Doku-Dramas steht Fey von Hassell (Henriette Schmidt), deren Vater Ulrich als Mitverschwörer des Stauffenberg-Attentats auf Hitler 1944 hingerichtet worden war. Sie wurde daraufhin von ihren kleinen Söhnen getrennt und kam in "Sippenhaft" beziehungsweise "unter den Schutz des Reiches". In Wahrheit bedeutete dies, dass Familienmitglieder für die Taten ihrer Angehörigen zur Rechenschaft gezogen und meist in ein KZ eingeliefert wurden.

Autor Christian Frey macht den Wahnsinn dieses Unterfangens der SS deutlich. Er zeigt neben den nachgestellten Spielszenen auch historische Zusammenhänge anhand von Landkarten und den Aussagen diverser Historiker auf - am eindrucksvollsten jedoch sind die Erinnerungen der Zeitzeugen. Benigna Klemm, Tochter des einflussreichen Widerständlers Carl Friedrich Goerdeler, und ihre Cousine Jutta Tominski, Tochter von Goerdelers Bruder Fritz, waren beide 14 Jahre alt, als sie in "Sippenhaft" kamen. "Ich habe immer noch das Gekläff der Hunde und das Gebrüll der Bewacher im Ohr. Und dieses Schlurfen der Füße der Gefangenen in den Holzpantoffeln. Das werde ich nie vergessen", erzählt Jutta Tominski.

"Wir, Geiseln der SS", Arte, 20.15 Uhr

(dpa)
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