Hamburg Ziemlich peinliche Freunde

Hamburg · Die Tragikomödie "Jürgen - Heute wird gelebt" erzählt von zwei Verlierern, die eine Frau suchen.

Jürgen Dose ist Parkhaus-Pförtner, trägt Schnauzbart, wohnt mit seiner bettlägerigen Mutter zusammen und verabschiedet sich gerne mit "Ceausescu". Beim weiblichen Geschlecht kann er damit eher nicht punkten. Genausowenig wie sein Kumpel Bernd Würmer, der nach einem Hirnschaden im Rollstuhl sitzt und übellaunig seine Mitmenschen anpöbelt. Doch eine Frau soll für beide unbedingt her, wie und welche auch immer. Nicht die Liebe zählt, sondern die Figur. Nach einem gescheiterten Speed-Dating setzen die Verlierer auf den schmierigen Partner-Vermittler Schindelmeister, der im Katalog polnische Schönheiten feil bietet und eine überteuerte Fahrt zu ihnen verkauft. Der Film "Jürgen - Heute wird gelebt" erzählt von dieser Reise; es ist eine tragikomische, oft hochnotpeinliche und manchmal alberne Geschichte des Scheiterns, das aber für alle Beteiligten neue Perspektiven eröffnet.

Autor Heinz Strunk ("Fleisch ist mein Gemüse") schrieb das Drehbuch in Anlehnung an seinen jüngsten Roman "Jürgen", und er übernahm auch die Titelrolle. Eine gute Idee, denn niemand weiß Strunks schrägen Humor besser in Szene zu setzen als er selbst. Der Autor lotet gerne die Untiefen des menschlichen Zusammenlebens aus, hat ein Herz für Außenseiter und Eigenbrötler, die von einer skurrilen Situation zur nächsten durchs Leben stolpern. Das ist einerseits ziemlich vorhersehbar, lebt aber auf der anderen Seite von Strunks trockenem Witz, der immer auch einen tragische Komponente hat. Jürgen und Bernd, herausragend gespielt von Charly Hübner, dabei zuzusehen, wie ihre Träume zerplatzen, ist nicht nur lustig. Sogar ihr größtes Pfund, ihre Freundschaft, drohen sie zu verspielen.

Regisseur Lars Jessen zieht den Film immer wieder ins leicht Surreale, was angesichts des sehr speziellen Personals durchaus passt. Auf Dauer stört eher das teilweise bewusst amateurhafte Spiel der Protagonisten. Soll es die Geschichte authentischer erscheinen lassen oder gar märchenhafter? Es erinnert auf jeden Fall an einen anderen, großartigen Film von Jessen, "Fraktus", eine fiktive Doku über das Comeback der Band Fraktus. Ebenfalls mit Strunk und Rocko Schamoni, der auch in "Jürgen" eine kleine Rolle hat - wie Klaas Heufer-Umlauf und Olli Schulz. In "Fraktus" machte das wie improvisiert Wirkende Sinn, bei "Jürgen" irritiert es. Irgendwie ist nicht nur das Personal, sondern der ganze Film leicht neben der Kappe. Aber sympathisch.

"Jürgen - Heute wird gelebt", Das Erste, 20.15 Uhr

(RP)
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