Zweites Fernsehduell Applaus für den Affären-Kritiker in Frankreich

Paris · In der zweiten TV-Debatte der französischen Präsidentschaftskandidaten wurden endlich die Affären angesprochen, in die zwei Bewerber verstrickt sind. Heftig stritten die insgesamt elf Politiker über Europa.

 Alle elf französischen Präsidentschaftskandidaten diskutierten vor laufenden Kameras.

Alle elf französischen Präsidentschaftskandidaten diskutierten vor laufenden Kameras.

Foto: dpa, ME hjb

Arbeit, Europa, Sicherheit: Das waren die Themen der Fernsehdebatte der Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Während in der ersten Begegnung am 20. März nur die fünf aussichtsreichsten Bewerber miteinander diskutierten, waren diesmal alle elf im Fernsehstudio vertreten.

Einer der "kleinen" Kandidaten brachte denn auch die Affären zur Sprache, in die die Rechtspopulistin Marine Le Pen und der Konservative François Fillon verwickelt sind. Der linksextreme Kandidat Philippe Poutou sprach die beiden Fälle offen an und bekam dafür den eigentlich verbotenen Beifall des Publikums.

"Je mehr man nachforscht, desto mehr riecht es nach Korruption und Betrügerei", sagte der 50-Jährige zu Fillon, gegen den wegen Scheinbeschäftigung seiner Frau und seiner Kinder ein Ermittlungsverfahren läuft. Gegen Le Pen spielte der Kandidat, der in Umfragen bei einem Prozent liegt, die Karte des Ford-Arbeiters aus, der er außerhalb des Wahlkampfes ist.

"Für Arbeiter gibt es keine Immunität"

"Man greift in die öffentlichen Kassen, nicht hier, sondern in der EU. Und der FN, die Anti-System-Partei, schützt sich mit der parlamentarischen Immunität", kritisierte der weißhaarige Politiker. Im Gegensatz zu den anderen Kandidaten trug Poutou keine Krawatte, sondern ein langärmeliges weißes T-Shirt. "Für Arbeiter gibt es aber keine Immunität." Le Pen soll zwei ihrer Mitarbeiter vom EU-Parlament bezahlt haben lassen, obwohl sie für den Front National arbeiteten. Ein Verhör verweigerte die 48-Jährige mit Verweis auf ihre Immunität.

Nachdem die FN-Chefin in der ersten Debatte eher verhalten gewirkt hatte, versuchte sie diesmal, mit provokanten Äußerungen beim Fernsehpublikum zu punkten. So verkündete sie, als es um die Terrorbekämpfung ging: "Frankreich ist eine Universität des Dschihadismus." Die Europaparlamentarierin hatte sich den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron als Zielscheibe ausgesucht, mit dem sie laut Umfragen die Stichwahl am 7. Mai bestreiten könnte. Die beiden liegen zweieinhalb Wochen vor der ersten Runde praktisch gleichauf bei ungefähr 25 Prozent.

"Ich habe Europa im Herzen"

Macron bekannte sich beim Thema Europa klar zur EU. "Ich habe Europa im Herzen, denn es macht uns stärker", sagte der frühere Wirtschaftsminister und kritisierte das Programm Le Pens, die Frankreich aus der EU und dem Euro führen will. "Was Sie vorschlagen, ist ein Verlust der Kaufkraft. Was Sie vorschlagen, ist ein Wirtschaftskrieg", sagte der 39-Jährige. Unerwartete Unterstützung erhielt Macron von Fillon, der Le Pen vorwarf, ihre Wirtschaftspolitik nur auf den Ausstieg aus dem Euro-Verbund zu gründen. "Die große Mehrheit der Franzosen will die Gemeinschaftswährung aber nicht verlassen." Damit falle auch der wirtschaftliche Kurs der Kandidatin in sich zusammen.

Blasser als in der ersten Debatte wirkte der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon, dem es diesmal an Wortwitz fehlte. Ebenfalls uninspiriert präsentierte sich der Sozialist Benoît Hamon, für den der Auftritt eine der letzten Gelegenheiten war, noch Boden gut zu machen. Er war in den vergangenen Tagen in den Umfragen hinter Mélenchon zurückgefallen.

Vor der ersten Wahlrunde am 23. April ist noch eine dritte Fernsehdebatte vorgesehen. Vor der Stichwahl soll es dann das inzwischen legendäre Fernsehduell der beiden Bestplatzierten geben. Da rund 40 Prozent der Franzosen noch unentschieden sind, spielen die Fernsehauftritte der Kandidaten eine wichtige Rolle. Die Debatte am 20. März sahen rund zehn Millionen Zuschauer.

(RP)
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