Chemie-Abfall auf Felder gekippt Firmen lieferten Giftmüll an Bauern

Ansbach (rpo). Das gesamte Ausmaß der Verschmutzung im mittelfränkischen Giftmüll-Skandal ist auch zwei Monate nach der Enthüllung nicht abschätzbar. Ebenso wie die Liste der beteiligten Firmen. Nach der Lufthansa mussten nun auch die Agfa-Gevaert AG und die Ford-Werke eingeräumen, dem beschuldigten Bauern Abfall zur Entsorgung geliefert zu haben.

Agfa-Sprecher Hartmut Hilden sagte am Donnerstag in Köln, das Fotochemikalien-Werk im württembergischen Vaihingen habe seit September 2001 rund 140 Tonnen Abwässer nach Mittelfranken geliefert. Der Autobauer Ford lieferte 2000 und 2001 insgesamt 99 Tonnen wässrige Lösung mit Farbe oder Lacken an den Landwirt in Neuendettelsau.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Ansbach brachte der Bauer bis zu 4.400 Tonnen giftiger Rückstände aus der chemischen Industrie auf seinen Feldern aus. Das gesamte Ausmaß der Verschmutzung ist auch zwei Monate nach der Aufdeckung noch unbekannt. Bisher wurden vier von 60 Feldern grundlegend analysiert. Der Landkreis Ansbach will 2,9 Millionen Euro für deren Sanierung ausgeben. Der Beschuldigte sitzt seit Mitte April in Untersuchungshaft.

Agfa-Umweltexperten kamen laut Firmensprecher Hilden zum Schluss, dass in der Biogas-Anlage des Landwirts Rückstände aus der Farbenproduktion hätten vergoren werden können. Die Stoffe Anilin und Tri-Ethylamin werden unter anderem dafür verantwortlich gemacht, dass sich die Felder verfärbten und zu stinken begannen. Farbe und Gestank der Felder deuteten darauf hin, dass der Bauer die Abwässer nicht ordnungsgemäß entsorgte, sagte der Agfa-Sprecher. "Kriminelles Handeln kann man nie ausschließen." Im Fall der Ford Werke AG kam der Kontakt zu dem Landwirt offenbar über ein mit der Komplettentsorgung für den Standort Saarlouis beauftragtes Unternehmen zu Stande.

Agfa befürchtet ebensowenig wie Ford rechtliche Konsequenzen. "Wir haben uns vom Landratsamt Ansbach die Genehmigung für diese Lieferungen eingeholt", sagte Hilden. Zudem habe eine Überprüfung in der bayerischen Verwerterdatenbank keine Einschränkungen ergeben. Darauf nahm auch Ford-Sprecher Isfried Hennen in Köln Bezug. Überdies habe der Verwerter pflichtgemäß einen Entsorgungsnachweis vorgelegt. Inzwischen ist bekannt, dass das Landratsamt Ansbach die Angaben des Bauern nicht kontrolliert und die Biogas-Anlage nicht vorschriftsgemäß überwacht hatte.

Die Namen von Ford und Agfa stehen auf einer der AP vorliegenden Laborliste. Das Labor, das der Landwirt mit der Untersuchung von Proben hinsichtlich ihrer Vergärbarkeit in Biogas-Anlagen beauftragt hatte, warnte vor der Verwendung der eingereichten Stoffe. Auch Flugzeug-Waschwasser vom Flughafen Frankfurt ist auf dieser Liste vermerkt. Die Lufthansa Technik hatte nach dem Bekanntwerden bestätigt, 50 Tonnen öl- und fetthaltige Schlämme geliefert zu haben.

(RPO Archiv)
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