Düsseldorf Fünf Jahre Haft für Missbrauch

Düsseldorf · Ein 35-jähriger Düsseldorfer hatte einen Zwölfjährigen aus der Schweiz zu sich gelockt. Dafür muss er erst in Haft und dann in die geschlossene Psychiatrie. Womöglich war der Junge nicht sein erstes Opfer.

Für fünf Jahre muss ein Koch (35) wegen vielfachen und schweren sexuellen Missbrauchs eines zwölfjährigen Jungen aus der Schweiz jetzt ins Gefängnis und soll danach auf unbestimmte Zeit in einer geschlossenen Psychiatrie-Klinik behandelt werden. Auch steht dem Opfer "ein angemessenes Schmerzensgeld" zu, dessen Höhe aber nicht beziffert wurde. So urteilte gestern das Düsseldorfer Landgericht in dem ungewöhnlichen Fall und hat damit scharfe Kritik des Opfer-Anwalts auf sich gezogen. Zumal auch die Staatsanwältin in dem über weite Strecken (mit Rücksicht auf die Interessen des Opfers, aber auch des Täters) nicht öffentlich geführten Prozess eine Haftstrafe von zehn Jahren beantragt hatte.

Der geständige Koch hatte das Opfer über ein Internet-Spiel kennengelernt, war dann in die Schweiz gereist und hatte das Kind überredet, ihn mit Bus und Bahn nach Düsseldorf in seine Wohnung zu begleiten. Erst eine Woche später gelang es einer Spezialeinheit der Polizei, das Kind aus der Wohnung wieder zu befreien. Das Gericht attestierte elf Missbrauchstaten unterschiedlicher Schwere. Darunter sei auch eine Vergewaltigung gewesen.

Wolfgang Steffen, der als Nebenkläger-Anwalt die Interessen des Jungen und dessen Eltern vertrat, kritisierte, dass die Düsseldorfer Jugendschutzkammer im Verfahren hinter verschlossenen Türen alle erdenklichen Umstände zugunsten des 35-Jährigen gewertet, "die Belange des Opfers aber nicht ausreichend berücksichtigt" habe. Steffen hält das für "rechtsfehlerhaft". Er hatte zudem 50.000 Euro als Schmerzensgeld für den Jungen geltend gemacht. Stattdessen hat die Kammer eine Schmerzensgeldforderung des Kindes gegen seinen Peiniger nur "dem Grunde nach" zugesprochen, eine Höhe aber nicht genannt. Zudem soll ein Gutachter dem Angeklagten, bei dem Hunderte kinder- und jugendpornografische Schriften und Dateien entdeckt wurden, eine hohe Gefährlichkeit attestiert haben, was nun zur Unterbringung in einer geschlossenen Psychiatrie-Klinik führte. Doch zunächst wird der 35-Jährige bis zur Rechtskraft des Urteils in U-Haft bleiben und danach die fünfjährige Haftstrafe verbüßen.

Opfer-Anwalt Steffen berichtete, dass er zudem zwei weitere Opfer vertrete, eine junge Frau und einen geistig behinderten jungen Mann, die beide angeblich vor Jahren von dem 35-Jährigen missbraucht wurden. Anwalt Steffen will deshalb nicht hinnehmen, dass daraus resultierende, weitere Verfahren gegen den Koch wegen der Verurteilung eingestellt werden könnten. Alles andere als zusätzliche Prozesse sei "nicht vertretbar", so der Opfer-Anwalt.

Unterdessen wurde ein neuer Missbrauchsfall von enormem Ausmaß bekannt: Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen einen 32-Jährigen wegen des dutzendfachen sexuellen Missbrauchs über das Internet in Deutschland, Belgien und der Schweiz. Auf einer bei Kindern beliebten Internetplattform soll der geständige Mann vor allem sieben- bis dreizehnjährige Mädchen und Jungen angeschrieben und dazu gedrängt haben, ihm Nacktaufnahmen von sich zu schicken und sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Die Ermittler gehen von 122 Opfern aus.

(RP)
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