Wahlcheck 2017 bei "Hart aber fair" Katrin Göring-Eckardt vermisst Christian Lindner nicht im Bundestag

Düsseldorf · Nur noch sieben Monate, dann ist Bundestagswahl. Frank Plasberg führte schon mal vorab einen Wahlcheck durch: Seine Diskussionsrunde war mit sämtlichen Fraktions- und Bundesvorsitzenden der Republik prominent besetzt. Die Konsequenz: Die einen gifteten sich an, die anderen machten einander unverhohlene Koalitionsavancen.

Darum ging's: Das "Superwahljahr 2017" ist angebrochen. Bei seinem Wahlcheck waren die Fraktions- und Bundesvorsitzenden aller Parteien eingeladen, die sich Hoffnungen auf den Einzug in den deutschen Bundestag machen dürfen. Angekündigt war eine Diskussion über "Sicherheit, Steuern, Rente". Um die "Innere Sicherheit" ging es zur Abwechslung mal nur ganz am Ende der Sendung, im Mittelpunkt stand über weite Strecken stattdessen die Steuerpolitik.

Darum ging's wirklich: Im nächsten Bundestag könnten sechs Fraktionen sitzen, so viele wie noch nie. Die Frage, wer mit wem kann und wer mit wem will, war in der deutschen Politiklandschaft deshalb selten so offen wie jetzt. Nicht zuletzt deswegen versuchte Frank Plasberg während der Diskussion immer wieder Ähnlichkeiten und Unterschiede bei den Gestaltungsvorstellungen seiner Gäste herauskitzeln. Mitunter war er durchaus erfolgreich, wie das Beispiel Thomas Oppermann und Christian Lindner zeigten.

Die Gäste:

  • Volker Kauder, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag
  • Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag
  • Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Grüne im Bundestag
  • Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende DIE LINKE im Bundestag
  • Frauke Petry, Bundesvorsitzende der AfD
  • Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP

Der Frontverlauf: "So könnte es dann aussehen im Deutschen Bundestag", begrüßte Frank Plasberg seine sechs Gäste. Eisiges Schweigen antwortete ihm, begeistert schien von dieser Vorstellung keiner in der Runde zu sein. Dabei lagen bereits beim ersten Thema des Abends, dem Haushaltsüberschuss, einige der Anwesenden inhaltlich gar nicht weit voneinander entfernt.

Thomas Oppermann wollte die sechs Milliarden, die Finanzminister Wolfgang Schäuble zusätzlich zur Verfügung hat, in Infrastruktur und Bildung investieren. Auch die arbeitende Mitte sollte man entlasten. Dem konnten Sahra Wagenknecht (Linke) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) eigentlich nur zustimmen, monierten aber, dass die Regierung eben dies nicht tue. Der Wenn-dann-Modus der Großen Koalition sei schon verwunderlich, so Göring-Eckart. Schließlich könnte man ja schon jetzt an diese Vorhaben rangehen und müsste gar nicht bis nach der Bundestagswahl warten.

Volker Kauder (CDU) plädierte seinerseits für Investitionen in Infrastruktur und warb auch für die Abschaffung des Soli. Danach schlug Christian Lindner (FDP) in dieselbe Kerbe wie Göring-Eckart und Wagenknecht. Er wünsche sich eine Entlastung der Mitte der Gesellschaft, denn "der Staat schwimmt im Geld". An die Adresse der Großen Koalition sagte er: "Wenn ihr das wollt, warum macht ihr das nicht jetzt." Die Union fordere zur Bundestagswahl immer Steuerentlastungen, setze sie aber nie um, sagte Lindner. Der trockene Kommentar von Kauder: "Mit Steuersenkungen, Herr Lindner, wird nicht jede Partei wirklich glücklich."

Über alle Parteigrenzen hinweg herrschte Einigkeit darüber, dass internationale Großkonzerne mehr zur Kasse gebeten werden sollten. In der Steuerpolitik war auch sonst so mancher Berührungspunkt auszumachen. Sarah Wagenknecht forderte eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, eine Idee, die auch Thomas Oppermann (SPD) gut fand. Lindner forderte eine Vereinfachung der Erbschaftssteuer, und auch bei diesem Thema zeigte sich Oppermann ganz offen. Mit Scheuklappen scheint es, will die SPD nicht in diesen Bundestagswahlkampf ziehen.

Ein kleiner Dämpfer für die Koalitionsspiele der SPD war das Gezänk zwischen Göring-Eckardt und Lindner. Auf Lindners spöttischen Hinweis, die Grünen müssten die FDP im Bundestag schon sehr vermissen, wenn sie sich nun so auf ihn einschieße, antwortete Göring-Eckardt: "Wenn ich etwas nicht vermisse, dann sind das Sie im Bundestag, Herr Lindner." Sie hat ja noch einige Monate, um sich auf diese Möglichkeit vorzubereiten.

Frauke Petry (AfD) gefiel sich in ihrer Rolle in der Fundamentalopposition. Schulmeisterlich kanzelte sie die anderen Gäste ab. Wer noch nie Regierungsverantwortung tragen musste, dem geht das wohl leichter von der Hand. Die übrigen Politiker, so Petry, machten genau das, was sie immer machten: Versprechen, die nach der Wahl nicht gehalten würden. Bei der SPD sei es das Familiensplitting, bei der CDU die Steuererklärung auf dem Bierdeckel. "Jetzt wäre die Zeit, eine große Steuer- und Sozialreform anzugehen, aber dazu sind Sie weiter nicht bereit."

Wie ihre eigene große Steuer- und Sozialreform aussehen sollte, das wurde nicht klar. Die Erbschaftssteuer soll laut Petry weg, ebenso die Vermögenssteuer, die aber in Deutschland ohnehin schon lange ausgesetzt ist. Das Steuersystem, so Petry solle "einfach, transparent und verständlich werden und möglichst wenige Ausnahmen enthalten". Konkreter wurde sie nicht.

Und alle gegen Frauke Petry

Am Ende der Sendung beim Thema "Innere Sicherheit" brachte Petry die gesamte Runde gegen sich auf. Frank Plasberg wollte von jedem Gast eine Antwort auf die polemische Frage haben: "Trägt Angela Merkel tatsächlich eine Mitverantwortung für den islamistischen Terror des vergangenen Jahres?" Petrys Antwort ließ sich knapp mit "natürlich" zusammenfassen. Darüber hinaus verteidigte sie den Tweet ihres Ehemanns und Vorsitzenden der NRW-AfD, Marcus Pretzell, der knapp eine Stunde nach dem Attentat in Berlin die Opfer als "Merkels Tote" bezeichnet hatte. Der Tweet sei angebracht und nicht zu schnell gewesen. Den deutschen Medien warf sie hingegen eine schlechte Berichterstattung vor.

Obwohl auch Wagenknecht Merkel kritisiert hatte und ihr eine Mitverantwortung für den Terroranschlag zusprach, wollte sie nun nicht in einen Topf mit der AfD geworfen werden. Lindner, Göring-Eckardt und Kauder nahmen Angela Merkel bei diesem Thema klar in Schutz. Lindner tat dies, obwohl er die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin für falsch hält. "Doch", so Lindner, "solche Schuldzuweisungen zerstören die politische Kultur".

Wahrstes Wort: Frauke Petry: "Das ist fast schon populistisch, da waren Sie echt gut." Volker Kauder: "Das können Sie ja gut beurteilen, was populistisch ist."

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