Heino Ferch "Ich bin ein Mann für tragende Rollen"

München · Der Schauspieler über die Lust der Deutschen an der Serie, seine "Tatort"-Absage und seine Leidenschaft, das Polospielen.

Mit den Worten "Sei bloß vorsichtig, der beißt" wird Heino Ferch (51) als Kommissar Simon Kessler in dem Zweiteiler "Tod eines Mädchens" von seiner neuen Kollegin Hella Christensen (Barbara Auer) eingeführt. Er stößt als ruppiger Kommissar aus Frankfurt zur Kieler Kripo und muss in einem kleinen Ort an der Ostseeküste den Mord an einer 14-Jährigen aufklären. Das ZDF zeigt den ersten Teil des Krimis mit Jörg Schüttauf, Anja Kling und Hinnerk Schönemann am kommenden Montag um 20.15 Uhr.

Sie sind als Sohn eines Kapitäns in Bremerhaven an der Nordsee groß geworden. Spielen bei einem Dreh am Meer heimatliche Gefühle mit?

Ferch Ein bisschen vielleicht. Das Meer ist ein elementares Stück Landschaft gewesen, das meine Kindheit und Jugend geprägt hat. Die Nordsee ist aber bewegter als die Ostsee!

Sind Sie noch gerne im Norden?

Ferch In Hamburg lässt es sich gut leben. Aber wenn ich ehrlich sein soll: Am liebsten drehe ich in München. Ich bin seit zehn Jahren bekennender Wahlbayer. Mich hat der Süden eingefangen. Mein Job ist mit viel Reisen verbunden, ich bin oft lange Zeit von Zuhause und von der Familie weg, das ist auf Dauer nicht so angenehm.

Für Filmemacher sind Verbrechen auf dem Dorf ein beliebtes Thema. Darum geht es auch in "Tod eines Mädchens". Sind die Abgründe auf dem Dorf größer?

Ferch In so einem kleinen Ort gibt es eine Menge Menschen, die eine Beziehung zu dem toten Kind haben, als Nachbarn, als Freunde, als Verwandte, als Lehrer, als Mitschüler. Das ist das Interessante daran. Es machen sich viele verdächtig, weil auch jeder seine eigenen Probleme hat. Es geht um Missverständnisse, die Angst, verdächtig zu sein. Alle kennen alle; der Schock sitzt tief, die Vorsicht ist groß, alle mauern, weil sie Angst haben.

Ein Zweiteiler mit 180 Minuten Erzählzeit - das kommt im deutschen Fernsehen nicht allzu oft, aber doch immer häufiger vor. Was halten Sie von der Entwicklung?

Ferch Das machen uns die Amerikaner schon lange vor. Der Reiz des horizontalen Erzählens ist auch in Deutschland vorhanden. Die großen Stars sind momentan die Autoren, sie kreieren Figuren, die man von vielen Seiten beleuchten kann. Die Serie ist schwer in Mode. Auch in Deutschland ist die Scheu genommen. Wichtige deutsche Regisseure beteiligen sich. Tom Tykwer macht aktuell eine Serie für Netflix, außerdem haben sich drei Filmemacher für ein zehnteiliges Projekt zum Kalten Krieg zusammengeschlossen. Das serielle Erzählen bekommt auch hier eine neue Qualität.

Könnten Sie sich vorstellen, in einer Serie mitzuspielen?

Ferch Natürlich. Es kommt aber immer auf die Geschichte an und darauf, wer es macht. Die Bücher müssen attraktiv sein und die Macher auch.

Im "Adlon" waren Sie der Hoteldirektor, im "Tatort" mit Maria Furtwängler der Boss einer Fleischfabrik, nun sind sie der Kripo-Chef. Sie spielen wohl nicht gerne Angestellte?

Ferch Vielleicht bin ich mit tragenden Rollen ausgestattet, weil ich ausstrahle, dass ich das stemme. Aber ich mache auch eine Menge Anderes.

Vor einiger Zeit haben Sie es ausgeschlossen, "Tatort"-Kommissar zu werden. Hat sich das durch Ihren Einsatz in Hannover verändert?

Ferch Im Prinzip nicht. Ich möchte nicht Nummer 47 oder 48 werden. Jede mittelgroße deutsche Stadt hat inzwischen ihr "Tatort"-Team. Das empfinde ich als viel zu viel. Eine Flut. Da möchte ich mich nicht einreihen. Jetzt bin ich Antagonist gewesen, das Buch und der Regisseur haben mich interessiert.

Wie gelingt Ihnen die Balance zwischen Arbeit und Privatleben?

Ferch Ich drehe mehrere Filme pro Jahr. Ich lege alle Kraft hinein, eine vernünftige Balance zwischen Arbeit und Familie hinzubekommen. Damit nichts zu kurz kommt. Ich versuche immer, so lange wie möglich bei der Familie zu bleiben und nach einem Dreh sofort wieder zurückzufliegen.

Auf welches Projekt freuen Sie sich?

Ferch Anfang 2016 kommt die Filmbiografie "Fritz Lang - der Andere in uns" ins Kino, in der ich die Titelrolle spiele. Der Film ist in Schwarz-Weiß gehalten und teils an Originalschauplätzen gedreht. Er zeigt Lang als sehr dominanten, erfolgsverwöhnten, verzweifelten Menschen, der sich aus einer Schaffenskrise heraus dem Psychogramm eines Kinder- und Frauenmörders verschrieben hat.

Sie haben ein ungewöhnliches Hobby: Polo. Wie sind Sie zu der Sportart gekommen?

Ferch Das ist für Menschen, die nichts mit Pferden zu tun haben, sicher eine Nischensportart. Auch ich bin per Zufall und mit Glück dazu gekommen. Ich habe in eine Familie eingeheiratet, die immer schon mit Pferden und Pferdesport zu tun hatte. Meine Frau ist Vielseitigkeitsreiterin. Im März oder April geht es wieder los. Dann bin ich mit Ball und Schläger unterwegs. Reiten als Freizeitsport habe ich als Jugendlicher kennengelernt, auch in Filmrollen habe ich immer mal wieder auf dem Pferd gesessen. Aber erst seit zwölf Jahren spiele ich Polo.

Wie schwer ist es, sich auf dem Pferd zu halten und dabei den Schläger zu schwingen?

Ferch Den Schläger nur zu schwingen, ist relativ einfach (lacht). Aber den Ball so zu treffen, dass er dahin geht, wo man ihn haben will, ist kompliziert. Bis man reiten, schlagen und auch noch den kleinen Ball treffen kann, braucht es eine ganze Weile. Der Sport ist taktisch und körperlich anspruchsvoll. Er ist sehr komplex, da er nur zu viert im Team und mit großer Schnelligkeit gespielt wird.

(RP)
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