Jahresrückblick 2012 Alles neu! Das Jahr der Hannelore Kraft

Düsseldorf · Hannelore Kraft ist zum Jahreswechsel die "Stallwache". Während die meisten Kabinettsmitglieder die Weihnachtspause nutzen, um sich fernab der Heimat vom Politikstress zu erholen, bleibt die Ministerpräsidentin in diesem Jahr in NRW. Silvester will sie mit engsten Freunden "und einem guten Essen" zu Hause in Mülheim feiern. Was ist Krafts Wunsch für 2013? "Gesundheit - und erfolgreiches Weitermachen mit unserer Politik 'Kein Kind zurücklassen'", sagt die Regierungschefin RP ONLINE.

Beim Jahrestreffen mit den Journalisten der Landespresse fiel Krafts Rückschau 2012 kurz und nahezu nüchtern aus. Dabei geht für die Mülheimerin ein Jahr der großen Emotionen zu Ende. Nach dem umjubelten Sieg bei der Neuwahl konnten SPD und Grüne ihre Macht ausbauen. Und im Oktober löste Kraft ein privates Versprechen ein: Sie sagte ein zweites Mal "Ja" zu ihrem Mann Udo und ist nun auch kirchlich verheiratet. Krafts 2012 – die wichtigsten Szenen.

14. März, der Weg für Neuwahlen wird frei. Bei der Abstimmung über den Einzeletat des Innenressorts stimmen 90 Abgeordnete von SPD und Grünen mit "Ja", die 91 Abgeordneten von CDU, FDP und Linke lehnen die Position ab. Damit ist nach Rechtsauffassung der Landtagsverwaltung der gesamte Haushaltsentwurf gescheitert. Die Chance, die unbequeme Minderheitsregierung zu beenden, lässt sich Kraft nicht entgehen. Bislang war Rot-Grün darauf angewiesen, bei Gesetzesvorhaben CDU, FDP oder Linke mit ins Boot zu holen.

Der Zeitpunkt für die Landtagsauflösung kommt der Ministerpräsidentin gelegen: Die Grünen, die sich gerne als heimliche "Lenker" der Koalition geriert hatten, sind nach ihrem Fukushima-Höhenflug wieder auf Normalmaß geschrumpft. Das Risiko, Ministerposten an den kleineren Partner abtreten zu müssen, hält sich in Grenzen.

13. Mai, Sieg bei der Landtagswahl. Kraft hat es geschafft. Die SPD holt bei der Landtagswahl 39,1 Prozent der Stimmen und verfügt jetzt gemeinsam mit den Grünen (11,3 Prozent) über die absolute Mehrheit. CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen fährt mit 26,3 Prozent das historisch schlechteste Wahlergebnis der Union ein und gibt seinen Rückzug aus der Landespolitik bekannt. Die SPD feiert den Sieg in der Disko 3001 im Düsseldorfer Hafen. Um 18.30 Uhr geht ein Raunen durch den Saal.

Durch eine Seitentür betritt Hannelore Kraft den Großraum. An ihrer Seite sind Ehemann Udo und Sohn Jan, die drei halten sich an den Händen. "So sehen Sieger aus", skandieren die Sozialdemokraten, als die drei auf dem Podium stehen. Kraft hat Tränen in den Augen. "Was für ein toller Abend", ruft sie in den Saal. Wieso konnte die SPD zulegen, aber die Grünen nicht? "Das hat sicher auch mit dem Amtsbonus einer Ministerpräsidentin zu tun", sagt Kraft rückblickend. "Entscheidend ist aber, dass wir gemeinsam gekämpft und gemeinsam gewonnen haben."

20. Juni, Wahl zur Ministerpräsidentin. Kraft erhält im ersten Wahlgang 137 Stimmen, das sind neun Stimmen mehr, als die rot-grüne Koalition Abgeordnete stellt. Um 11.47 Uhr legt Udo Kraft die Videokamera auf seinen Schoß, um mit beiden Händen Beifall klatschen zu können. Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) stellt seiner Frau die entscheidende Frage: "Nehmen Sie die Wahl an?" – "Ja", antwortet Hannelore Kraft. Die Politiker im Plenum und die Ehrengäste auf der Tribüne spenden Applaus. Bei der Vorstellung des Kabinetts wird das neue Selbstbewusstsein der SPD deutlich.

Das bisherige Ministerium für Wirtschaft und Verkehr wird aufgeteilt, mit der Ernennung von Michael Groschek zum Verkehrsminister kommt ein zusätzlicher Sozialdemokrat in die Ministerriege. Die Grünen müssen hingegen Federn lassen. Horst Becker, der in der Minderheitsregierung als Staatssekretär für Verkehr zuständig war, muss seinen Posten räumen. Der Strippenzieher muss sich damit begnügen, im Umweltministerium die Zuständigkeit für die Belange des ländlichen Raums zu übernehmen.

30. September, Wiederwahl zur SPD-Chefin beim Landesparteitag Münster. Es ist der erste Auftritt von Hannelore Kraft auf einem Landesparteitag nach der gewonnen Landtagswahl. Die SPD sei jetzt wieder "im Wahlkampfmodus", ruft die Ministerpräsidentin den Delegierten mit Blick auf die Kanzler-Kandidatur von Peer Steinbrück zu. Die Basis feiert ihre Chefin, Kraft wird mit 99,1 Prozent der Stimmen als Landesvorsitzende im Amt bestätigt.

Nur der damalige Ministerpräsident Johannes Rau hatte 1994 mit 99,36 Prozent ein etwas besseres Resultat bekommen. Auch in der Bundespolitik wächst der Einfluss Krafts. Sie wird als Nachfolgerin von Kurt Beck zur Koordinatorin der SPD-geführten Bundesländer bestimmt. "Currywurst statt Saumagen", titelt die FAZ. Ist die NRW-SPD nun in Berlin wieder so stark wie in der Ära Rau? "Die Zeiten kann man nicht vergleichen", sagt Kraft RP ONLINE. "Aber die NRW-SPD ist heute wie damals inhaltlich gut aufgestellt", fügt sie hinzu.

10. Oktober, Kraft heiratet ihren Ehemann Udo nach zwanzig Jahren ein zweites Mal. Diesmal wird kirchlich geheiratet, an einem geheimen Ort in Namibia. "Was für ein wundervoller Tag! Nach 20 Jahren noch mal "JA"! Wir halten unser Glück einfach fest", schreibt Kraft auf Twitter, und sendet zum Beweis ein Foto mit.

Die Resonanz ist riesig, viele Zeitungen bringen das Foto von der Hochzeit in Weiß, das Kraft mit wehender Schleppe zeigt, auf ihren Titeln. "Es haben so viele Menschen gratuliert - das hat mich sehr gefreut", berichtet Kraft über ihren "Tag des Jahres". Bei der Trauung sind nur die engsten Angehörigen dabei. Am Samstag vor der Hochzeit hatte die Ministerpräsidentin in der Sendung "Wetten, dass ..?" noch über die Pläne geplaudert.

"Am Anfang unserer Ehe haben wir uns gesagt, wir versuchen es zu schaffen und zusammenzubleiben, bis unser Junge groß ist. Dann verhandeln wir noch mal." Sven Lehmann, Landeschef der Grünen, gratuliert dem Paar zum zweiten "Ja". In Anspielung auf die wehende Schleppe wünschte er den Krafts "weiterhin viel Rückenwind".

3. Dezember, Kraft dreht einen witzigen Heute-Show-Sketch für Oliver Welke. Kraft soll die Laudatio zur Verleihung der "Spitzen Feder" an Oliver Welke von der heute-Show halten, der die Ministerpräsidentin regelmäßig veralbert. "Da musste ich mir einfach etwas besonders ausdenken", sagt Kraft. Die Regierungschefin übt auf humorvolle Art Rache an Welke. Beim Redaktionsempfang unserer Zeitung in Berlin zieht die Regierungschefin mit der Videokamera los und befragt Politiker und Journalisten nach ihrer Meinung über den Preisträger.

Kraft interviewt unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Dann schlüpft die Ministerpräsidentin als "Gernotine Hassmagt" in die Rolle des "heute show"-Kommentators Gernot Hassknecht. "Der kann nicht mal die Mainzelmännchen selbst malen!", lautet ihr Urteil über Welke. Der Preisträger freute sich über den Videofilm. Er lud Kraft in seine Sendung ein. Der Termin soll 2013 stattfinden.

(gmv)
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