Nach sechs Jahren Haft Kaufhauserpresser "Dagobert" ist wieder frei

Berlin (dpa). Deutschlands bekanntester Kaufhauserpresser Arno Funke alias „Dagobert“ ist nach sechs Jahren Haft in Berlin vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen worden.

Der 50-Jährige verließ überraschend schon am Sonntagabend um 22.00 die Justizvollzugsanstalt Plötzensee, um dem Medienrummel beim Weg in die Freiheit zu entgehen, sagte ein Justizsprecher am Montag. Die Entlassung war für Montag angekündigt worden. Der trickreiche „Dagobert“ hatte vor seiner Verhaftung am 22. April 1994 in Berlin über Jahre hinweg mit der Polizei Katz und Maus gespielt.

Nach der vorzeitigen Haftentlassung plant der einstige Erpresser des KaDeWe und des Karstadt-Konzerns eine Karriere als Zeichner und Drehbuchautor. Einkaufen bei Karstadt darf er allerdings nicht: Funke hat Hausverbot in allen 208 Filialen des Konzerns, sagte Sprecher Michael Scheibe am Montag der dpa. „Auch eine verbüßte Strafe ändert nichts an der Abscheulichkeit der Tat.“ Das Hausverbot für Funke könne man allerdings schlecht kontrollieren, sagte Scheibe. Werde der Mann jedoch vom Personal oder dem Sicherheitsdienst erkannt, dann werde er dezent aus dem Haus begleitet.

Die Journalisten warteten am Montagmorgen vergeblich an der Pforte drei des Gefängnisses auf „Dagobert“. Um Funke die Eingliederung in ein Leben nach der Haft zu erleichtern, hatte die Anstaltsleitung dem prominenten Häftling bereits einen Tag früher als angekündigt die Türen in die Freiheit geöffnet. „Ich will nur der Journaille entkommen“, hatte Funke schon in einem Zeitungsinterview der „Berliner Zeitung“ angekündigt.

Die Anstaltsleitung machte von einer Ausnahmeregelung Gebrauch. Danach kann der Zeitpunkt der Entlassung aus dringenden Gründen bis zu zwei Tage vorgezogen werden, erklärte der Sprecher. Der erste Schritt Funkes in die Freiheit sollte nicht unter den Augen der Öffentlichkeit erfolgen. Ansonsten sei die Entlassung vollkommen unspektakulär verlaufen. „Der Anstaltsleiter belehrte Funke über die Bewährungszeit von vier Jahren“, sagte der Sprecher.

Ursprünglich sollte „Dagobert“ eine Haftstrafe von neun Jahren absitzen. Er war vor Gericht wegen der Erpressung des Berliner Kaufhauses des Westens (KadeWe) 1988 und der versuchten Erpressung des Karstadt-Konzerns von 1992 bis 1994 sowie Sprengstoffanschlägen schuldig gesprochen worden.

Mit allerlei Tricks und Tüfteleien hatte Funke versucht, an die erpressten Geldsummen zu kommen. So deponierte er eine Streusandkiste über einem offenen Gully und wartete im Schacht auf das Geld, baute eine ferngesteuerte Lore und konstruierte für eine Geldübergabe auf dem Wasser ein Mini-U-Boot.

Für das neue Leben schmiedet Funke bereits eifrig Pläne. Noch in diesem Jahr will er seine Freundin Elke, eine Sozialarbeiterin, heiraten. Und im Auftrag der Münchner Medienfirma H5B5 Media AG schreibt der 50-Jährige ein Drehbuch für den Pilotfilm zur Serie „BerlinBande“.

Bereits Ende 1998 hatte Funke seine Memoiren „Mein Leben als Dagobert“ vorgestellt. Nach Angaben des Christoph Links Verlags (Berlin) und des S. Fischer Verlags (Frankfurt am Main) erschien das Werk in einer Auflage von insgesamt 20 000 Exemplaren. Für die Satire-Zeitschrift „Eulenspiegel“ zeichnet Funke seit längerem Karikaturen.

(RPO Archiv)
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