Köln Kölner Zoo erbt 18,5 Millionen Euro

Köln · Anfangs glaubte der Tierpark an einen Scherz: Eine Amerikanerin, die ihm ein Vermögen vererben wollte? Das klang zu schön, um wahr zu sein. Doch die 93-jährige Spenderin hat ihre ehemalige Heimatstadt nie vergessen.

Es gibt viele Dinge, die man aus Verbundenheit mit der Heimat macht: zum Beispiel Fotos aufhängen oder regelmäßig lange Strecken für Besuche überwinden. 22 Millionen Dollar (18,5 Millionen Euro) an den lokalen Zoo zu vererben, gehört für gewöhnlich wohl eher nicht dazu. Genau das hat die 93-jährige Elizabeth Reichert nun aber getan, und zwar auf Wunsch ihres bereits 1998 verstorbenen Mannes Arnulf. Das Ehepaar, das aus Deutschland in die USA ausgewandert war, will seiner alten Heimat damit etwas zurückgeben - für all die Erinnerungen, die sie ihnen geschenkt hat.

1944 lernte sich das Paar in Köln kennen. Arnulf Reichert musste sich damals wegen seines jüdischen Glaubens verstecken. Ein Jahr nach Kriegsende heirateten die beiden und wanderten aus. Erst versuchten sie ihr Glück in Israel, dann zogen sie in die Nähe von Philadelphia an die Ostküste der USA.

Einfach war es nicht, dort Fuß zu fassen. Für Frauen war es damals nicht üblich, eine Ausbildung zu absolvieren. Arnulf Reichert durfte es in Nazi-Deutschland ohnehin nicht. Also packten die beiden an. Sieben Tage die Woche, zwölf Stunden täglich schufteten sie, um etwas aus sich zu machen. Sie arbeitete als Friseurin, er jobbte bei einem Großhändler für Haustierbedarf. Ein paar Jahre später machte sich Reichert in dem Bereich selbstständig - und das mit Erfolg. Die Reicherts erarbeiteten sich ein Vermögen.

Über 70 Jahre ist es nun her, dass die Reicherts Köln verließen. "Aber vergessen haben wir die Stadt nie", sagte Elizabeth Reichert dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Deshalb wollte ihr Mann Arnulf Geld dorthin geben, wo es gebraucht wird. Und auch, wenn beide nicht so oft im Kölner Zoo gewesen seien. "Der ist doch für die Stadt so wichtig wie der Kölner Dom", sagte Reichert. "Und wenn man sich überlegt, wohin man sein Geld vererbt, spielen die Erinnerungen eine große Rolle", erklärte die Spenderin.

So selbstverständlich, wie die Spende für die Reicherts war, so überraschend kam die Nachricht allerdings für Zoo-Direktor Christopher Landsberg. "Das hat mich natürlich vom Stuhl gehauen", sagte er. Kaum jemand würde wohl einer E-Mail richtig trauen, in der ein Anwalt aus den USA ein Millionen-Erbe in Aussicht stellt. Doch schnell zeigte sich: Die E-Mail war echt. Elizabeth Reichert begann zunächst, 6000 Euro im Monat als Spende an den Zoo zu überweisen. Inzwischen sind die Verträge über die Gründung der "Arnulf Reichert Foundation" fertig. Die Stiftung soll die 22 Millionen Dollar verwalten und wird von dem privaten Finanzberater der Reicherts und dem Kölner Zoo-Direktor Landsberg geleitet. "Uns als Zoo macht es natürlich sehr froh, auf diese Art bedacht zu werden. Es zeigt, wie viel Vertrauen uns als Kölner Institution mit ihren vielfältigen Bildungs-, Erholungs- und Artenschutzaufgaben entgegengebracht wird", sagt Landsberg.

Allerdings wird der Zoo das Geld nicht auf einen Schlag erhalten. Sondern die Stiftung überweist nur die jährlichen Zinserträge. Deren Höhe hängt von der Marktlage ab. Damit die Stadt nicht etwa auf die Idee kommt, dem Zoo den öffentlichen Zuschuss in Höhe der Zuwendung zu kürzen, hat die Amerikanerin genau festgelegt, dass ihm das Geld zusätzlich zugute kommen muss. Das in Aktien angelegte Kapital soll in eine Stiftung fließen, der Zoo bekommt jeweils die Erträge. Derzeit ist von rund einer Million Euro pro Jahr auszugehen. Laut Reichert solle das Vermögen dem Zoo so möglichst lange erhalten bleiben.

Als erstes will Landsberg das 1899 eröffnete Südamerikahaus mit dem Geld sanieren. Das soll dann auch Arnulf Reicherts Namen tragen. Als Erinnerung. Landsberg erzählte, er habe versucht, die alte Dame zu einem Besuch in Köln zu überreden. Aber das traue sie sich mit ihren 93 Jahren nicht mehr zu. So wird der Zoo für sie selbst eine schöne Erinnerung bleiben.

(ham)
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