Lebensdaten Der Ritt auf dem Kamel durch die Kunstakademie

Günther Uecker wird nächsten Monat 85 Jahre alt. Geboren ist er am 13. März 1930 in Wendorf auf der Halbinsel Wustrow als Sohn eines Bauern. Dorthin zieht es ihn immer wieder; am Strand malt er heute wie berauscht unter dem Licht des Himmels und der Musik des Meeres.

1945

An jenem Strand musste er auch bei Kriegsende mit anderen zusammen die Leichen der Menschen vom Flüchtlingsschiff "Cap Arcona" verscharren. Im Zweiten Weltkrieg hatte er Armut und große Furcht kennengelernt. Seine frühkindlichen Zeichnungen missfielen dem Vater. Das bescheidene Haus musste der junge Günther Uecker vor den Angriffen der Soldaten vernageln und verbarrikadieren aus Angst um seine Schwester und Mutter.

1949

Uecker wird Lehrling als Maler und Werbegestalter in der DDR. Ein Facharbeiterbrief ist sein Abschluss.

1949-1953

Er geht zum Studium an die Fachhochschule für angewandte Kunst in Wismar. Zu dieser Zeit erlernt er das Gestalten von Schaufenstern und politischen Aufmärschen, er vergrößert Picassos Friedenstaube und fertigt ein 20 Meter hohes Transparent an mit Stalins Porträt. Weitere Studien folgen.

1951

Bei einer Ausstellung in West-Berlin sieht er Bilder von Kandinsky - in der Erinnerung hat ihn das ergriffen und beunruhigt. 1953 wechselt Uecker nach West-Berlin; er wird einer der ersten Hausbesetzer.

1955-1957

Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Otto Pankok, zu dem er großes Vertrauen hat. Erstes Nagelobjekt, Holzschnitte und manuelle Strukturen.

1957

Yves Klein lernt er kennen, seinen Freund, der später Ueckers Schwester Rotraud heiratet. Auch auf Heinz Mack und Otto Piene trifft er, und zu der von ihnen gegründeten Zero-Gruppe stößt er 1961. Fünf Jahre später löst sich die Gruppe auf. Legendäre Ausstellungen im Raum Düsseldorf und Antwerpen.

1958

Heirat mit Inge Hardung, mit der er zwei Kinder hat. Damals verdiente er sein Geld am Fließband in einer Glashütte.

1961

Erste Lichtplantage, erster Lichtfilm, malerische Handlungen. Weiße Zone aus Anlass der Zero-Edition. Uecker malt die Hunsrückenstraße vor der Galerie Schmela weiß an, Joseph Beuys soll damals versucht haben, den Farbeimer umzuwerfen. Ein Jahr später erste Übernagelungen von Gebrauchsgegenständen. Ab jetzt sind die Aktionen, die Aktivitäten, die Ausstellungen und die Reisen des Künstlers kaum noch aufzählbar. 1964 ist der Lichtraum der Zero-Gruppe auf der Documenta II in Kassel zu sehen. 1965 entsteht die Plastik "New York Dancer", auch die erste Sandspirale, von der es sieben Stück gibt.

1966

Atelier in New York, der "Lichtregen" entsteht, wird auf der Documenta IV gezeigt. Im gleichen Jahr trennt sich die Zero-Gruppe. Uecker erweitert seinen künstlerischen Radius, zahlreiche Aktionen kommen hinzu, er macht Kunst mit programmatischen Titeln wie "Versetzung eines Berges", "Terrororchester", "Schreitanz". Mit Gerhard Richter, den er aus der DDR kannte, macht er die unglaubliche Demonstration "Leben im Museum - Museen können bewohnbare Orte sein".

1968/69

Kennenlernen von Christine Steinfeld, seiner zweiten Frau, mit der er einen Sohn hat und bis heute in Oberkassel lebt.

1970

... und Folgejahre Bühnenbilder für Bremen, Bayreuth, Stuttgart und Berlin. Rege Reisetätigkeit, Künstleraustausch. Auch Biennale-Teilnahme im deutschen Pavillon.

1974-1995

Als Professor an der Kunstakademie Düsseldorf zieht er auf einem Kamel durch das Haus am Eiskellerberg. Es folgen Reisen, auch in die Navajo-Reservate und Untersuchungen zur Geschichte der Indianer.

1988

Einzug in sein Atelier im Medienhafen. Seine Werkstatt ist die beste Vorstadt der Welt. Seitdem ist seine Aktivität nahezu unüberschaubar. In aller Welt stellt er aus, wird hochgeschätzt und hoch gehandelt.

2015

Seine Schaffenskraft ist kurz vorm 85. Geburtstag ungebrochen. Er ist glücklich und produktiv. Seine erste Einzelausstellung in der Kunstsammlung NRW läuft ab morgen.

(RP)
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