Kulturelles Denkmal Berlin bewahrt Thomas Manns Exil-Villa vor Abriss

Los Angeles · Die Bundesrepublik hat Thomas Manns Haus im Westen von Los Angeles gekauft – für rund 12,5 Millionen Euro. Damit wird ein kulturelles Denkmal für die Nachwelt bewahrt und zu einer Residenz für Stipendiaten ausgebaut.

 Thomas Mann mit seiner Frau katja in seiner US-Villa.

Thomas Mann mit seiner Frau katja in seiner US-Villa.

Foto: Ullstein

Die Bundesrepublik hat Thomas Manns Haus im Westen von Los Angeles gekauft — für rund 12,5 Millionen Euro. Damit wird ein kulturelles Denkmal für die Nachwelt bewahrt und zu einer Residenz für Stipendiaten ausgebaut.

13.250.000 Dollar, umgerechnet 12,5 Millionen Euro — dieser stolze Betrag war der Bundesrepublik das einstige Haus des Schriftstellers Thomas Mann wert. Die Villa wurde 1941 gebaut und steht am Rande von Los Angeles im Stadtteil "Pacific Palisades". Mann wohnte dort von 1942 bis 1952. Angeboten wurde das Anwesen wie andere auch, auf der Internetseite des Maklers heißt es zu dem 489-Quadratmeter-Objekt: "closed", geschlossen.

Mit dem Kauf endet eine Zitterpartie. Die Villa am Westrand von Los Angeles war Jahrzehnte in Privatbesitz und nicht zugänglich. Sie stammt von Bauhaus-Architekt Julius Ralph Davidson, der sie nach Manns Wünschen entworfen hatte. Unter Denkmalschutz stand sie nicht. Weil es große Sorgen gab, das geschichtsträchtige Haus könnte von einem privaten Investor für einen Neubau abgerissen werden, kam es zum schnellen Abschluss.

Das Gebäude mit der Adresse San Remo Drive 1550 hat eine lange Geschichte: Wichtige Werke, darunter "Doktor Faustus", "Lotte in Weimar", einige Passagen des "Felix Krull" sowie der letzte Teil der "Joseph"-Tetralogie hat Thomas Mann dort geschrieben. Keiner seiner Kollegen war im Exil so produktiv; viele Autoren litten unter dem Sprach- und Kulturverlust ihrer Heimat. Mann hingegen verkündete bei seiner Ankunft "Wo ich bin, ist Deutschland" und schlug eine Brücke zwischen den zwei Welten: Sein modernes Haus in Kalifornien richtete er mit schweren Möbeln aus der Heimat ein.

Treffpunkt von Nazi-Flüchtlingen

Der Kauf des Gebäudes ist ein bemerkenswerter Schritt, aber keine Überraschung: Vor einigen Jahren erwarb die Bundesrepublik bereits die nur wenige Kilometer von Manns Haus entfernte Villa Aurora, früheres Zuhause von Lion Feuchtwanger, einem der prominentesten deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Es war damals ein Treffpunkt von Nazi-Flüchtlingen wie Bertolt Brecht, Arnold Schönberg, Kurt Weill, Theodor Adorno und Albert Einstein. Seit 1995 ist die Villa ein Ort für Kultur und Austausch. Der deutsche Film feiert dort seinen traditionellen Oscar-Empfang. Die Stipendien für Künstler sind begehrt.

Ähnliches wie in der Villa Aurora ist nun in der Mann-Villa geplant. Sie wird in den kommenden Jahren zur Residenz für Stipendiaten ausgebaut. Künstler und Wissenschaftler sollen in die Villa am San Remo Drive einziehen, dort amerikanische Kollegen treffen und über zentrale politische und gesellschaftliche Fragen der Zukunft diskutieren. Rund zwei Jahre sind nun eingeplant für Renovierungsarbeiten im und am Haus.

Die Literaturwelt jubelt. Ulrich Raulff, der Direktor des Deutschen Literaturarchivs in Marbach, sieht den Kauf der US-Villa als "glücklichen Tag in der Geschichte der deutschen Literatur". Für den Mann-Experten Heinrich Detering ist es ein "ganz wichtiges Ereignis". Es geht, so Detering, nicht nur um ein bedeutendes Dichterhaus, sondern um das "Weiße Haus des Exils". Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) will daher nicht nur Deutsche in die Mann-Villa schicken, sondern auch Menschen, die in Deutschland im Exil leben.

(mba)
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